TV-Experiment:Kerner schickt Reporter zur Schnitzeljagd

Kerner und die Detektive: Sein Sat-1-Reporter Sven Jachmann will drei Wochen lang unerkannt durch Deutschland reisen. Er legt Spuren im Internet.

Julia Mähner

Das Internet, immer wieder das Internet: Es speichert riesige Mengen an Daten - solche, die wir freiwillig in sozialen Netzwerken preisgeben, aber auch solche, die wir bei jedem Einkauf im Netz unachtsam hinterlassen. Schafft man es trotz aller digitaler Spuren heutzutage, anonym zu bleiben? Der Privatsender Sat 1 will das erfahren und schickt Sven Jachmann auf Tauchstation. Der Reporter von Kerner wird vom 12. August an drei Wochen lang versuchen, unerkannt durch Deutschland zu reisen. Wer ihn findet, mit den Worten "Du bist Sven" konfrontiert und ein Beweisfoto macht, bekommt 10.000 Euro Kopfgeld.

sven jachmann

"Wo ist Sven?" Diese Frage stellt Johannes B. Kerner seinem Publikum ab dem 12. August.

(Foto: bola - Boris Laewen)

sueddeutsche.de: Herr Jachmann, wieso tauchen gerade Sie ab?

Sven Jachmann: Ich wurde vom Sender gefragt und da hat man bei mir offene Türen eingerannt.

sueddeutsche.de: Wie bereiten Sie sich darauf vor?

Jachmann: Ich habe mir für die ersten Tage einen groben Plan gemacht. Ich denke, dass jeder, der untertaucht, sich darüber Gedanken machen sollte, wie er vorgehen will. Sonst endet das Vorhaben im Desaster. Alles weitere werde ich auf mich zukommen lassen - und erst einmal schauen, dass ich die ersten Tage bestehe. Beim Fernsehen weiß man im Normalfall, wie alles abläuft. Hier muss ich mich erst einmal an die neue Situation gewöhnen. Alles kann passieren.

sueddeutsche.de: Auf wer-kennt-wen.de gibt es bereits eine Gruppe "Findet Sven Jachmann!". Aber wer Ihren Namen googelt, findet vergleichsweise wenig zu Ihrer Person. Halten Sie sich vom virtuellen Leben fern?

Jachmann: Ja, das stimmt. Ich gebe nur das Nötigste preis. Ich hatte da ein Schlüsselerlebnis mit Facebook. Wenn man sich dort anmeldet, dann muss man ja seine E-Mail-Adresse angeben, was ich auch getan habe. Ich habe dann sofort eine E-Mail von Facebook bekommen mit Kontakten, die ich kennen müsste. Für manche Menschen mag das ja normal sein, aber ich habe mich richtig erschrocken! Ich wollte dann mein Konto löschen, aber das ging leider nicht. Ich muss zwar zugeben, dass ich bei einem anderen sozialen Netzwerk bin (Xing), aber das ist auf mein Berufsleben ausgerichtet.

sueddeutsche.de: In den USA gab es voriges Jahr ein ähnliches Projekt, bei dem Evan Ratliff, ein Autor des Magazis Wired, für einen Monat untertauchte. Seine Verfolger fanden fast alles über ihn heraus. Was halten Sie davon, dass eventuell bald Ihr ganzes Privatleben offenliegen könnte?

Jachmann: Ich bin gespannt, ob das wirklich so passiert. Ich habe nichts zu verbergen.

sueddeutsche.de: Werden Sie, wie der US-Autor Ratliff, EC-Kartenabrechnungen und Handypositionen in Ihrem Blog angeben?

Jachmann: Das läuft ein bisschen anders. Wenn ich jetzt beispielsweise mit einer EC-Karte in München-Solln in einem Supermarkt einkaufe, dann rufe ich meine einzige Kontaktperson an, die diese Information dann 60 Minuten später auf meinem Blog veröffentlicht. Ich selbst werde dort erzählen, was vorgefallen ist und Fotos hochladen. Ich muss eine digitale Spur legen. Damit wird das Hacken quasi imitiert, was extrem wichtig ist. Wir wollen nicht zu illegalem Handeln aufrufen und es den Menschen, die nicht richtig mit einem Computer umgehen können, möglich machen, sich an der Verfolgung zu beteiligen.

sueddeutsche.de: Wie wollen Sie sichergehen, dass bei Ihrer digitalen Schnitzeljagd der Sieger kein Hacker ist?

Jachmann: Wir werden natürlich so gut es geht nachprüfen, wie der Sieger mich gefunden hat. Wenn er sich illegaler Mittel bedient haben sollte, dann wird ihm der Preis aberkannt.

sueddeutsche.de: Sie machen es den Verfolgern mit Fotos und Hinweisen vergleichsweise einfach. Was ist Ihr Plan: Je mehr Informationen die User über Sie bekommen, desto weniger werden sie auf eigene Faust forschen?

Jachmann: Ich kann es nicht verhindern, sollte es sich wirklich jemand in den Kopf gesetzt haben, alles über mich herausfinden zu wollen. Aber was bringt es ihm denn, wenn er weiß, wer meine Freunde sind oder wo ich vor drei Wochen war. Wichtig ist, wo ich aktuell bin. Alles andere ist nur unnützes Wissen. Ich finde es übrigens schade, dass das Oktoberfest nicht in die Zeit fällt, in der ich unterwegs bin. Sonst hätte ich meine Lederhose eingepackt.

Ob Sven Jachmann dennoch in München in Lederhosen auftaucht? Wer will kann die Hinweise in seinem Blog www.wo-ist-sven.de, bei der Talk-Sendung Johannes B. Kerner jeden Donnerstag um 22.15 Uhr und im Sat1 Frühstücksfernsehen um 5.30 Uhr sowie im Sat1 Magazin um 19 Uhr entschlüsseln.

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