Neu: Leichtbau bei Evonik:Da geht doch was

Evonik will ein gewichtiger Mitspieler im weiten Feld der Automobilindustrie werden. Wie das gehen soll, zeigt der Konzern in einem neuen Leichtbaustudio.

Günther Fischer

Manchmal kommt der Fortschritt im Automobilbau aus einer Ecke, in der man ihn nicht unbedingt vermutet hätte: Das Essener Chemieunternehmen Evonik bündelt seit einiger Zeit sein im Unternehmen verstreutes Know-how und kann Erstaunliches vorzeigen - seit kurzem in einem 200 Quadratmeter großen Leichtbau-Studio in einer ehemaligen Fabrikhalle in Darmstadt.

Zu sehen sind: ein Rotorblatt eines Helikopters, ein Verkleidungselement einer Trägerrakete, Motorhauben aus Rohacell (ein pfiffiger Strukturschaum), Frontscheiben aus Glas neben denen aus Plexiglas - die Gewichtsunterschiede werden sofort klar.

Präsentiert wird aber auch ein Autodach, das dank eines cleveren Zusatzstoffes das Infrarotlicht der Sonne reflektiert und so verhindert, dass sich der Innenraum eines Autos über Gebühr aufheizt. Das Ergebnis: Die Klimaanlage muss weniger arbeiten - was natürlich Sprit spart und so auch den CO2-Ausstoss verringert.

Das Gute an all diesen Teilen: Es sind keine Absichtserklärungen - erste Seitenscheiben wurden bereits im Motorsport erprobt und erste Untersuchungen für die Serienanwendung bei Autoherstellern finden statt. Insgesamt könnten 50 bis 80 Kilogramm eingespart werden, wenn bei einem Auto statt Glas Scheiben aus Plexiglas verwendet würden, erklärt Rudolf Blass, Leiter des Industriesegments Automotive und Surface Design.

Die Motorhaube eines BMW X5 wiegt plötzlich nur noch ein Viertel

Beeindruckend wirkt vor allem die Motorhaube eines BMW X5: Die Originalversion aus Blech wiegt 20,3 Kilogramm. Wird sie aus Rohacell gefertigt, beträgt das Gewicht nur noch 5,9 Kilogramm - ohne an Steifigkeit oder Crashsicherheit zu verlieren. Immerhin: Ein Zubehörhändler bietet sie bereits ganz offiziell an.

Das Vorzeigemodell der gebündelten Evonik-Abteilungen ist aber ein Lotus Exige: Dessen Heckflügel wiegt so gut wie nichts mehr, seine ganze Karosserie ist aus Rohacell gefertigt, im Motor kommen Additive und eine Li-Tec-Batterie zum Einsatz, die Seitenscheiben sind aus Plexiglas, die Frontscheibe soll bald folgen, vielleicht auch die Felgen. Das Material macht's möglich. Selbst das Ladeluftrohr des Elise-Motors ist aus Kunststoff - was einer kleinen Sensation gleicht: Erstmals wird hier Kunststoff in einem sehr heißen Umfeld eingesetzt.

In Summe wiegt der ohnehin schon sehr leichte Original-Lotus noch einmal um 75 Kilogramm weniger. Als Testwagen für die harten Alltagsanwendungen ist er höchst erfolgreich: Lexus wird bei seinem Sportwagen LFA bereits Leichtbauteile von Evonik verwenden.

Klaus Engel, Vorstandsvorsitzender von Evonik, bringt alle Anstrengungen auf einen Punkt: "Rohöl ist viel zu wertvoll, um es einfach nur zu verbrennen."

Leichtbau kann dazu beitragen, auf dem Weg zu einer anderen Form der Mobilität zumindest so viel wie möglich davon zu sparen.

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