Bundespolizei und US-Rüstungskonzern:Nacktscanner und Streubomben

Ein Hersteller von international geächteten Kriegswaffen beliefert die Bundespolizei mit Körperscannern. Das erzeugt Widerspruch - auf den die Regierung jetzt reagiert.

Als wäre die Diskussion um sogenannte "Nacktscanner" nicht schon aufgeladen genug, wurde nun ein Detail des Scanner-Deals der Bundespolizei bekannt, das für weiteren Zündstoff sorgen dürfte: Nach Informationen der Frankfurter Rundschau (FR) bezieht die Bundesbehörde die Körperscanner, die zunächst am Hamburger Flughafen getestet werden sollen, von einer amerikanischen Firma, die auch Streubomben herstellt.

Körperscanner, dpa

In Kürze sollen erstmals auch an einem deutschen Airport sogenannte Nacktscanner zum Einsatz kommen: Am Hamburger Flughafen werden die umstrittenen Geräte getestet.

(Foto: dpa)

Die Geräte würden von der Firma L-3 Communications Security and Detection Systems hergestellt, berichtet das Blatt. Das Unternehmen sei eine Tochterfirma des sechstgrößten US-Rüstungskonzerns L-3 Communications und gehöre laut einer aktuellen Analyse einer Hilfsorganisation zu den weltweit noch sieben Herstellern der international geächteten Streubomben.

Vorwurf der Doppelmoral

Das Bundesinnenministerium bestätigte, dass die Bundespolizei Geräte des besagten Herstellers bezieht. Die Scanner seien jedoch nicht direkt bei dem amerikanischen Konzern, sondern bei einer Firma in Österreich bestellt worden. Ferner seien die Geräte nur für den Testlauf angeschafft worden. Sollten sich die Scanner bewähren und flächendeckend eingesetzt werden, werde per Ausschreibung nach einem Produzenten gesucht.

Die Kritiker beeindruckt das nicht: Der Geschäftsführer von Handicap International in Deutschland, François De Keersmaeker, warf der Bundesregierung Doppelmoral vor. "Man kann nicht eine Waffe ächten und dann parallel dazu die Produkte eines Herstellers kaufen, der auch Streubomben herstellt."

Juristisch sei das Geschäft zwar nicht angreifbar, aber es sei moralisch und politisch verwerflich. "Das ist eine indirekte Unterstützung der deutschen Regierung an die Produzenten von Streubomben."

Ministerium rudert zurück

Auch der Direktor des Aktionsbündnisses Landmine.de, Thomas Küchenmeister, sagte: "Wenn man sich den Geist der Konvention zu eigen machen würde, müsste man auf solche Auftragsvergaben verzichten."

Angesichts der Kritik reagierte das Innenministerium am Mittwochnachmittag - und ruderte zurück: Die Regierung prüfe, den Vertrag aufzulösen, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Dann müsse der Bund aber voraussichtlich mit Vertragsstrafen rechnen - und der geplante Testlauf müsse ausfallen, weil Konkurrenzprodukte zu schlecht seien.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Wochenende angekündigt, dass in wenigen Wochen erstmals in Deutschland ein Körperscanner für Kontrollen an Flughäfen eingesetzt wird. Ende September soll ein sechsmonatiger Testlauf in Hamburg beginnen.

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