Umstrittenes Bauvorhaben:Land soll "Stuttgart 21" mit Großauftrag erkauft haben

Sicherte sich Baden-Württemberg das Projekt "Stuttgart 21" mit verdeckten Subventionen? Als der Bahn 1999 Millionen für den Bahnhofsumbau fehlten, soll das Land unnötigen Zugverkehr bestellt haben.

Wirbel um das Projekt "Stuttgart 21": Die baden-württembergische Landesregierung soll mit einem unzulässigen Großauftrag für die Bahn das Vorhaben erst ermöglicht haben. Hätte es den Auftrag für die Bahn nicht gegeben, wäre "Stuttgart 21" aus Sicht der Bahn nicht finanzierbar gewesen.

Proteste gegen Stuttgart 21

Die Proteste gegen "Stuttgart 21" reißen nicht ab: Ein Mann hält vor dem Hauptbahnhof in Stuttgart ein Plakat mit der Aufschrift 'Stuttgart 21 - Waterloo-Station' in der Hand, um gegen das Bahnhofsprojekt zu demonstrieren. Mehrere tausend Teilnehmer umschlossen Teile des Kopfbahnhofs Hand in Hand und mit brennenden Kerzen. So sollte ein symbolischer Schutzschild für das vom Teilabriss bedrohte Gebäude gebildet werden.

(Foto: dpa)

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zufolge war an dem Geschäft über mehrere hundert Millionen Euro im Jahr 2001 auch der heutige Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) beteiligt. Er war damals Politischer Staatssekretär im Verkehrsministerium und zuständig für den Regionalverkehr.

Ein Sprecher der Landesregierung teilte auf Anfrage mit, Mappus habe an der vom damaligen Minister Ulrich Müller (CDU) geleiteten Schlussverhandlung teilgenommen. Er sei aber nicht bei den "Vorgesprächen in den monatelangen komplexen Vorbereitungen auf Arbeitsebene" dabeigewesen.

"Mehrverkehr" und neue Züge

Dem Spiegel zufolge hatte eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der Bahn Ende 1999 ergeben, dass 344 Millionen Mark (rund 176 Millionen Euro) für das Bauprojekt Stuttgart 21 fehlten. Kostendeckend wäre es nur, wenn Baden-Württemberg regionalen Zugverkehr bezahlen würde, der teilweise erst nach Fertigstellung des Großprojekts gebraucht wird.

Zu diesem "Mehrverkehr" stehe im Vertragsentwurf zwischen Land und Bahn: "Das Land wird rd 1,45 Millionen Zugkm/a (Zugkilometer pro Jahr), die ursprünglich nach Fertigstellung von Stuttgart 21 eingeführt werden sollten, möglichst bereits ab dem Fahrplanwechsel 2001 bei der DB Regio AG für die Dauer von 10 Jahren bestellen." Als Preis wurden dem Bericht zufolge rund sieben Euro pro Kilometer vereinbart.

Hinzugekommen seien unter anderem 200 Millionen Mark (102 Millionen Euro) für neue Züge. Derartige Geschäfte hält der Düsseldorfer Wettbewerbsrechtler Clemens Antweiler für unzulässig: "Das ist nur eine kaschierte Subvention für die Deutsche Bahn", sagte er dem Spiegel.

Dagegen betonte der Sprecher der Landesregierung, Müller habe in den Verhandlungen das Beste für Baden-Württemberg herausgeholt. Dies belege ein Papier des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale, das dem Land im Mai 2010 beim Einsatz der Regionalisierungsmittel eine überdurchschnittlich gute Effizienz bescheinigt habe.

Protest wächst seit Wochen

Seit Wochen wächst der Protest gegen das Bauprojekt "Stuttgart 21". Der bisherige Kopfbahnhof wird dabei in eine unterirdische Durchgangsstation umgewandelt und an die geplante ICE- Neubaustrecke nach Ulm angebunden. Die Gesamtkosten sollen rund sieben Milliarden Euro betragen.

Die Bauarbeiten in Stuttgart haben im Februar begonnen. Am Freitagabend protestierten etwa 20.000 Demonstranten mit einer Menschenkette in Stuttgart gegen den Plan.

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