Atomkonzerne:Einfach mal abschalten

Die Atomwirtschaft packt die Keule aus und will im Extremfall Kraftwerke ausschalten. Treten die Konzerne weiter so arrogant auf, könnten sie am Ende sogar mit leeren Händen dastehen.

Markus Balser

Die Debatte um längere Laufzeiten für Atomkraftwerke geht in die Schlussphase. Ende August soll das neue Energiekonzept der Bundesregierung stehen. Dann wird sich entscheiden, wie lange Deutschlands Kernkraftwerke am Netz bleiben dürfen. Wie groß die Nervosität der Branche längst ist, wie sehr die Konzerne um Milliardengewinne fürchten, macht ihr jüngster Vorstoß klar: Deutschlands größter Energiekonzern Eon droht plötzlich von sich aus mit dem Ausstieg.

Kühltürme des bayerischen Atomkraftwerks Grundremmingen.

Zoff um die Laufzeiten: Jetzt bringen die Konzerne einen sofortigen Ausstieg ins Spiel.

(Foto: ddp)

Sollte die geplante Brennelementesteuer kommen und Umweltminister Norbert Röttgen tatsächlich striktere Auflagen für ältere Meiler durchsetzen, lohne sich der Weiterbetrieb einiger Anlagen nicht mehr, wetterte der Konzernchef Johannes Teyssen. Dann gingen die ersten Kraftwerke eben vom Netz. Und fehlender Strom würde künftig im Ausland zugekauft.

Die Energiekonzerne im Land drohen mit derartigen Drohungen, endgültig ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen. Denn immer deutlicher wird, dass es in dem erbittert geführten Streit längst nicht mehr um häufig strapazierte Argumente für mehr Klimaschutz oder Versorgungssicherheit durch die Atomkraft geht. Politik und Unternehmen verhandeln in Wahrheit um Milliardengewinne und neue Steuereinnahmen.

Die neue aggressive Taktik der Konzerne könnte sich als Fehler entpuppen. Mit dem Abschalten der Meiler zu drohen, die nach geltendem Recht ohnehin vom Netz müssen, dürften selbst Befürworter längerer Laufzeiten als grotesken Störfall werten. Treten die Konzerne weiter so arrogant auf, könnten sie am Ende sogar mit leeren Händen dastehen. Sie sind zur Wahrung ihrer Interessen auf politischen Rückhalt angewiesen.

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