Im Kino: Die Hummel:Altwerden ist ein Vollzeitjob

Sebastian Sterns sarkastische Filmkomödie "Die Hummel" erzählt von einem betrügerischen Blender, der sein Haus verloren hat und nun bei seinem Sohn nächtigen muss.

Fritz Göttler

Unser Bub kommt vom Fortgehen heim, sagt die Frau zum Mann, als sie den Lärm in der Diele hört. Moni und Flo, sie liegen beide schon im Bett, knipsen noch mal das Licht an, ein bisschen resigniert, ein bisschen belustigt. Der Bub, das ist Pit, er ist Flos Vater und hat sich für ein paar Tage beim Sohn und seiner Freundin einquartiert. Sein Haus wird renoviert, sagt er, alles sei voll Dreck, und es dauert unendlich lang ...

Kino

"Sie verbringen 24 Stunden am Tag mit dem Älterwerden, warum nicht eine Stunde mit dem Jungbleiben?" Pit (Jürgen Tonkel) will auch Christiane (Inka Friedrich) seine Produkte aufschwatzen.

(Foto: Movienet)

Pit ist Vertreter für Kosmetik-Markenartikel in einer niederbayerischen Kleinstadt, ein Topmann, elegant und cool im Auftreten, sicher in der Handhabung von Dialekt und Hochdeutsch, schmeichlerisch seinen Kundinnen gegenüber: "Sie verbringen 24 Stunden am Tag mit dem Älterwerden, warum nicht eine Stunde mit dem Jungbleiben ..."

Aber das Geschäft geht nicht mehr gut, der Markt ist abgegrast, der "warme" Markt zumal, das heißt all die Freundinnen und Bekannten, die Pit in seinem Leben, seiner Jugend hatte und denen er nun sehr persönlich seine Produkte aufschwatzt. Pit ist pleite, sein Haus hat er verloren, also muss er mit fadenscheinigen Ausreden beim Sohn nächtigen. Dann trifft er seine Jugendliebe Christiane, nun muss er auch seine Lebens- und Arbeitsmoral überprüfen und die Zukunft, die er noch hat. Sie bringt Leben in seine Gruft. "When she comes she is beautiful", heißt es im Song am Ende, "and when she goes I am blue."

Jürgen Tonkel ist Pit und Inka Friedrich ist Christiane, sie bringen schöne melodramatische Momente in diese sarkastische Komödie, und Regisseur Sebastian Stern von der Münchner Filmhochschule unterstützt sie mit kräftigem "Casta Diva"-Sound. The show must go on, das heißt, es geht auch um den Zusammenhang von Reklame und Erzählen, dem schönen Schein und dem Kino. Einmal sieht man im Fernsehen einen Ausschnitt mit Luis Trenker, dem erzählerischen Naturtalent, er berichtet uns von seinen Erlebnissen in Amerika, mit den Navajos.

Im amerikanischen Kino haben die betrügerischen Blender eine starke Präsenz, die Allzeitcharmeure, die professionellen Verführer und Trickser, von Cary Grant bis Leonardo DiCaprio. Das Kino baut auf ihre Kunst.

Sebastian Stern aber traut dem doch nicht so recht, er sichert sich am Ende ab durch eine handfeste Moral. Die Hummel, heißt es in Bezug auf Pit, könnte eigentlich von ihrem Körperbau her gar nicht fliegen - aber sie weiß es nicht und tut es doch. Warum also muss man der Hummel denn sagen, dass sie nicht fliegen kann?

DIE HUMMEL, D 2010 - Regie: Sebastian Stern. Buch: Seb. Stern, Peter Berecz. Kamera: Sven Zellner. Mit: Jürgen Tonkel, Inka Friedrich, Michael Kranz, Steffi Reinsperger, Gerhard Wittmann, Christian Pfeil. Movienet, 87 Minuten.

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