USA: Trader Joe's:Der Öko-Aldi

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Interne Details aus dem Konzern herumposaunen - das können andere. Trader Joe's ist ein verschwiegenes Unternehmen.

Nikolaus Piper, New York

Es war kurz nach Ausbruch der Finanzkrise. In der Siebten Avenue in Brooklyn musste ein kleiner Supermarkt aufgeben, wie viele Läden in dieser Zeit. Ein paar Monate stand das Ladenlokal leer, dann schrieb jemand mit Kreide auf den Rollladen: "Trader Joe's please!"

Trader Joe's gehört zu Aldi Nord, aber das Image ist deutlich besser. (Foto: BLOOMBERG NEWS)

Der Spruch war eine Liebeserklärung. Der Unbekannte wünschte sich eine Filiale des Einzelhändlers Trader Joe's für sein Stadtviertel. Trader Joe's ist bei weitem nicht die größte Einzelhandelskette der USA - insgesamt gibt es nur 344 Läden, allein die Hälfte davon in Kalifornien - , mit Sicherheit aber ist es die coolste. Trader Joe's steht, besonders unter progressiven Amerikanern, für Qualität, vernünftige Preise, Stil und gutes Gewissen, schließlich ist ein erheblicher Teil der Produkte mit dem Öko-Aufdruck versehen. Außerdem ist Trader Joe's eines der verschwiegensten Unternehmen der USA. Journalisten erfahren praktisch nichts in der Firmenzentrale in Monrovia, Kalifornien.

Selbst harmloseste Fragen ("Wie hat sich der Absatz von Bioprodukten 2009 entwickelt?") werden abgewimmelt. Das Magazin Fortune widmete Trader Joe's jetzt eine Titelgeschichte, die sich dadurch auszeichnete, dass die Reporter mit keinem einzigen Repräsentanten der Firma sprechen konnten.

Dies erinnert sehr an Aldi in Deutschland. Und das ist kein Wunder, denn Trader Joe's gehört Aldi. Genauer: Es gehört der Familie des verstorbenen Eigentümers von Aldi Nord, Theo Albrecht. Nur weiß das fast niemand, weshalb die extrem unterschiedlichen Markenbilder von Aldi und Trader Joe's auch nicht in Konflikt kommen können. Aldi Süd ist in den USA als "Aldi" vertreten.

Gegründet wurde Trader Joe's 1967 von Joe Coulombe, einem heute 80 Jahre alten Unternehmer aus Kalifornien. Er betrieb nach dem Studium Marktforschung für eine Supermarktkette; die Erkenntnisse daraus nutzte Coulombe beim Aufbau seiner eigenen Firma. Er konzentrierte sich auf den wachsenden Markt anspruchsvoller Amerikaner mit Hochschulbildung - deshalb bezahlte er seine Mitarbeiter besser als die Konkurrenz. Und er versuchte bereits in den siebziger Jahren, die Kunden bei ihrem Umweltbewusstsein zu packen und bot Ökoprodukte an. 1979 verkaufte Coulombe sein Unternehmen an Theo Albrecht.

Nun kann man auch in den USA nicht einfach dadurch reüssieren, dass man die Mitarbeiter besser bezahlt und auf der Bio-Welle reitet. Ein Schlüssel zum Erfolg, so fand Fortune heraus, ist die Tatsache, dass Trader Joe's nur ein relativ kleines Warensortiment anbietet. Weil das Unternehmen von dem kleineren Sortiment sehr große Mengen absetzt, haben dessen Einkäufer erhebliche Marktmacht bei den Produzenten - so wie ihre Kollegen von Aldi in Deutschland.

Dazu kommt eine kluge Markenpflege: Die Verkäufer tragen Hawaii-Hemden, die Eigenmarken haben Kultstatus, selbst wenn sie von genau jenen Lebensmittelkonzernen hergestellt werden, die Trader-Joe's- Kunden eigentlich verachten. Schließlich schafft es das Unternehmen, guten Wein zu vernünftigen Preisen anzubieten - für die USA ungewöhnlich.

Die Bitte des Unbekannten aus Brooklyn blieb übrigens unerhört - in den verlassenen Supermarkt in der Siebten Avenue zog eine Filiale der Bank of America ein. Trader Joe's ist extrem vorsichtig, wenn es um die Eröffnung neuer Läden geht. Auch das gehört zum Erfolgsrezept der Kette.

© SZ vom 01.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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