Bundesbank sucht Nachfolger:Wer macht jetzt den Sarrazin?

Kaum ist Sarrazins Abberufung beantragt, beginnen die Spekulationen um seine Nachfolge als Bundesbank-Vorstand. Doch wer entscheidet überhaupt darüber? Und welche Personen werden gehandelt? Ein Überblick. In Bildern.

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German central bank executive Thilo Sarrazin poses after the 'Hart aber fair' talkshow in Cologne

Quelle: REUTERS

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Nach all seinen umstrittenen Thesen und Äußerungen ist die Zeit von Thilo Sarrazin bei der Bundesbank vorbei - nach nicht einmal eineinhalb Jahren. Doch wer folgt dem 65-Jährigen nun in den sechsköpfigen Vorstand der Bundesbank? Die Nachfolgeregelung für dieses Amt ist - wie könnte es in Deutschland anders sein - föderalistisch austariert. Drei Mitglieder schlägt die Bundesregierung vor, drei der Bundesrat, ehe sie der Bundespräsident formal ernennt. Dabei wechseln sich die Bundesländer in einer festgelegten Reihenfolge mit dem Vorschlagsrecht ab.

So war beispielweise der frühere Berliner Finanzsenator Sarrazin im Mai 2009 auf Vorschlag der SPD-geführten Regierungen von Berlin und Brandenburg in den Vorstand gerückt. Vor wenigen Monaten entschieden sich die Länder Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern für Andreas Dombret als neuen Vorständler. Und nun sind turnusgemäß Rheinland-Pfalz und das Saarland an der Reihe, einen Nachfolger für Sarrazin zu benennen.

Dabei sollte die Personalie nicht isoliert betrachtet werden. Denn im kommenden Jahr verlässt der Bundesbank-Vize Franz-Christoph Zeitler das Institut, und der Vorsitzende Axel Weber zählt zu den Kandidaten für die Nachfolge von Jean-Claude Trichet, dem Chef der Europäischen Zentralbank. Das könnte natürlich auch schon bei der Berufung des Sarrazins-Nachfolger eine Rolle spielen.

Texte: Johannes Aumüller

Bundesbank mit zwei neuen Vorständen

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In der Vergangenheit kam es durchaus vor, dass der Bundesbankvorstand in die allgemeinen Postenspielchen integriert wurde und dass ein braver Landesfinanzminister oder ein sonstiger langjähriger Finanzpolitiker ein letztes Pöstchen vor der Pensionierung erhielt. So gab es zuletzt im Mai Kritik, als der FDP-Finanzfachmann Carl-Ludwig Thiele berufen wurde: Dies sei eine Entscheidung nach Parteibuch, monierten nicht nur die Grünen.

Die Suche nach einem Sarrazin-Nachfolger ist schwierig, weil mehrere Parteien involviert sind: In Rheinland-Pfalz regiert die SPD alleine, im Saarland eine Koalition aus CDU, FDP und Grünen. Heftige öffentliche Auseinandersetzungen befürchten die Beteiligten nicht. "Es gibt gewisse Gepflogenheiten, dass man sich in so einer Frage verständigt", sagt auf Anfrage von sueddeutsche.de ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Finanzministeriums, das die Federführung bei der Sondierung hat und das Einschätzungen zufolge auch mehr Gewicht besitzt als das saarländische Pendant - weil Rheinland-Pfalz das größere Bundesland ist.

"In der Vergangenheit wurde das immer einvernehmlich gelöst", sagt der Sprecher. "Ideal wäre jemand, der aus der Politik kommt, aber ein Expertentum mitbringt." Angesichts solcher vagen Formulierungen ist es nicht verwunderlich, dass es derzeit viele Spekulationen gibt. Genannt wird unter anderem ...

Krisensitzung Opel

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... der derzeitige Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen. Der 44-Jährige studierte beim heutigen Bundesbankchef Axel Weber Volkswirtschaft und machte danach Karriere im Finanzministerium. Weil er unter den SPD-Ministern Hans Eichel und Peer Steinbrück in sein heutiges Amt aufstieg, war es im September 2009 eine Überraschung, als ihn der neue Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) auf seinem Posten beließ.

Asmussen gilt als loyaler Beamter und Experte mit internationaler Erfahrung, der bei der Bewältigung der Bankenkrise eine zentrale Rolle spielte. Deswegen käme er innerhalb des Bundesbankvorstands vor allem für die Bankenaufsicht in Frage.

Jens Weidmann

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Ähnliche Vorzüge wie Jörg Asmussen kann Jens Weidmann vorweisen. Auch der Leiter der Wirtschaftstabteilung im Kanzleramt studierte bei Axel Weber, auch er spielte in der Finanzkrise eine wichtige Rolle, auch er gilt als loyaler Beamter. Ein weiteres Plus: Weidmann kennt die Bundesbank bereits von innen, weil er dort von 2003 bis 2006 als Abteilungsleiter für Geldpolitik und monetäre Analyse arbeitete.

Weder di Mauro und Keitel werden ThyssenKrupp-Aufseher

Quelle: ddp

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Neben Asmussen und Weidmann gibt es auch etliche Kandidaten, die nicht aus der Politik kommen. Dazu zählt beispielsweise die Wirtschaftswissenschaftlerin Beatrice Weder di Mauro, die schon bei der vergangenen Nominierungsrunde als Kandidatin galt und seit 2004 zu den fünf Wirtschaftsweisen zählt - damals folgte die Schweizerin Axel Weber nach.

Im Gespräch ist auch Gerhard Hofmann, der wie Weidmann die Bundesbank bestens kennt. Von 1986 bis 2008 arbeitete er für die Frankfurter, zuletzt als Leiter des Zentralbereichs Banken und Finanzaufsicht. Seitdem ist er Vorstand im Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken. Genannt wird zudem der Wirtschaftswissenschaftler Volker Wieland, der nach seiner Zeit bei der US-Notenbank Fed an der Goethe-Universität in Frankfurt lehrt und forscht.

Bundestag - Steinbrück

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Doch sollte mal wieder ein klassischer Parteipolitiker seine Karriere im Bundesbankvorstand beenden wollen, böte sich ein Name gerade zu an: Peer Steinbrück. Der Diplom-Volkswirt und frühere Finanzminister genießt bei vielen Bürgern ein hohes Ansehen, ist derzeit joblos und hat auch beim politischen Gegner ein großes Standing. Angela Merkel lernte ihn während der Finanzkrise schätzen, und als die Bundesregierung Ende des vergangenen Jahres nach einem neuen Kommissar für Brüssel suchte, zitierte der Spiegel einen "wichtigen Unionsabgeordneten", nachdem Merkel Steinbrück mit einem Top-Job versorgen wolle.

Steinbrücks einziges Problem: Er hat kürzlich ein Buch geschrieben, das in wenigen Wochen erscheint - und Bücher und Bundesbank-Vorständler, das ist ja so eine Sache.

© sueddeutsche.de/aum/mel
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