USA: Obama und die Wirtschaftspolitik:Jobs, Jobs, Jobs

US-Präsident Barack Obama hat im Weißen Haus erstaunlich schnell die Fähigkeit verloren, den Menschen die Krise zu erklären. Jetzt ist die Lage prekär - für ihn, aber auch für die Vereinigten Staaten.

Nikolaus Piper

Es scheint wie ein Rätsel: Die Amerikaner schicken im Tiefpunkt der Finanzkrise einen neuen Präsidenten mit Traumergebnissen ins Weiße Haus. Diesem gelingt es tatsächlich, die schlimmste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg zu stoppen und die amerikanische Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Doch nicht einmal zwei Jahre nach seinem triumphalen Sieg ist dieser Präsident so unpopulär wie kaum ein anderer vor ihm. Er steht vor einer verheerenden Wahlniederlage.

Barack Obama

US-Präsident Barack Obama bei seiner Rede in Milwaukee, in der er das Konjunkturprogramm verkündete.

(Foto: AP)

Das Rätsel lässt sich lösen. Erstens weiß man heute, dass die Krise noch schlimmer war, als sie im Januar 2009 zu sein schien. Deshalb sind die Langfristschäden des Einbruchs auch größer. Zweitens hat Barack Obama im Weißen Haus erstaunlich schnell die Fähigkeit verloren, den Menschen die Krise zu erklären und zu vermitteln, wofür er eigentlich steht. Jetzt ist die Lage prekär, für ihn, aber auch für die Vereinigten Staaten. Das Land muss auf absehbare Zeit mit geringem Wachstum leben, der Präsident kann nicht mehr führen. Die oppositionellen Republikaner wissen sehr genau, wogegen sie sind, nicht aber wofür.

Aufschwung ohne Jobs

Die neuen Pläne Obamas zum Aufbau von Arbeitsplätzen unterstreichen all dies. 50 Milliarden Dollar für neue Schienen und Autobahnen? Genau diese Dinge sollten doch mit dem Konjunkturpaket des vergangenen Jahres finanziert werden. Warum jetzt ein weiteres Programm, das, wenn überhaupt, erst weit im nächsten Jahr neue Jobs schaffen kann? War das erste Konzept unzureichend? Für die neuen Pläne zur Investitionsförderung gibt es gute Gründe. Aber es dürfte dem Präsidenten schwer fallen, dessen Sinn seinen Wählern zu erklären.

Letztlich geht es bei allem nur um eines: Jobs. Mit einem höheren Bruttoinlandsprodukt kann niemand etwas anfangen, solange dies nicht zu neuen Arbeitsplätzen führt. Und darum ist es in Amerika schlecht bestellt. Noch nie wurden in einer Rezession so viele Jobs vernichtet wie diesmal, noch nie kam die Erholung am Arbeitsmarkt so langsam. Die Arbeitslosenquote liegt bei 9,6 Prozent, und es gibt kaum Hoffnung, dass sich daran in naher Zukunft etwas ändert.

Kritik von zwei Seiten

Die Frage der Beschäftigung ist in den USA noch brisanter als in Deutschland. Weil das soziale Netz schwächer ist, bedeutet längere Arbeitslosigkeit einen noch stärkeren Einschnitt für die Betroffenen. Deshalb erwarten Amerikaner von ihrem Präsidenten, dass er in der Krise Jobs schafft, egal wie. Und wenn es ihm nicht gelingt, wird er abgestraft. Obama steht jetzt von zwei Seiten in der Kritik: Linke werfen ihm vor, dass sein 800-Milliarden-Dollar-Konjunkturprogramm vom vergangenen Jahr zu zaghaft war. Rechte kritisieren, dass er überhaupt ein Programm aufsetzte und nicht einfach die Steuern senkte. Beide Positionen sind angesichts des Rekorddefizits im Staatshaushalt fragwürdig, aber sie verfangen bei den Wählern. "Stimulus" (Konjunkturprogramm) gilt heute als Inbegriff schlechter Wirtschaftspolitik.

Vermutlich hätte Obama auch bei bestem Willen und perfekter Umsetzung nicht wesentlich mehr Jobs schaffen können, der Einbruch der Rezession und die Strukturprobleme der amerikanischen Wirtschaft sind einfach zu groß. Aber Obama hätte dies erklären müssen, er hätte eine konsistente Wirtschaftspolitik gebraucht, die Wähler verstehen können. Daran hat es gefehlt und deshalb werden die Demokraten im November bestraft werden. (Seite 19)

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