Umweltpolitik - Berlin:Linke will Parkplätze abschaffen: Konkurrenz tobt

Berlin (dpa/bb) - So haben sich Autofahrer den Klimaschutz sicher nicht vorgestellt: Die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus fordert einen verbindlichen Fahrplan zur Reduzierung von Parkplätzen. "Mit einer festen Parkplatzreduktionsquote wollen wir jedes Jahr neue Freiflächen schaffen, die in enger Beteiligung der Bevölkerung für breitere Gehwege, neues Grün in der Stadt, Abstellzonen für Leihräder und Scooter, sichere Radabstellanlagen oder Ladezonen genutzt werden können", heißt es in einem Beschluss der Fraktion.

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Berlin (dpa/bb) - So haben sich Autofahrer den Klimaschutz sicher nicht vorgestellt: Die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus fordert einen verbindlichen Fahrplan zur Reduzierung von Parkplätzen. "Mit einer festen Parkplatzreduktionsquote wollen wir jedes Jahr neue Freiflächen schaffen, die in enger Beteiligung der Bevölkerung für breitere Gehwege, neues Grün in der Stadt, Abstellzonen für Leihräder und Scooter, sichere Radabstellanlagen oder Ladezonen genutzt werden können", heißt es in einem Beschluss der Fraktion.

Für besseren Klimaschutz müsse der motorisierte Individualverkehr zurückgedrängt werden, heißt es dort weiter. Dazu sei es einerseits nötig, den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sowie der Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur massiv zu fördern. Nötig seien aber auch "regulative Maßnahmen", darunter die Ausweitung von Sharing- Angeboten in die Außenbezirke und die Parkraumbewirtschaftung.

Bei anderen Parteien stößt die Parkplatz-Idee auf teils schroffe Ablehnung - auch in der rot-rot-grünen Koalition. Der CDU-Politiker Oliver Friederici warf der Linken eine "sozialistischen Amokfahrt" vor: So lange der Ausbau des Nahverkehrs nicht klappe, seien viele Berliner auf ihr Auto angewiesen. Der AfD-Abgeordnete Frank Scholtysek sprach von "politisch verfügtem Autohass". "Die Stadt darf nicht zu einem entmotorisierten Umerziehungslager linker Ideologen umgebaut werden." FDP-Verkehrspolitiker Henner Schmidt meinte, statt Verboten seien attraktive Alternativen zum Auto im ÖPNV nötig.

Auch der SPD-Klimaexperte Daniel Buchholz zeigte sich skeptisch. "Wir brauchen keine neuen Quoten, sondern eine rasche Umsetzung des Mobilitätsgesetzes", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. In dem von Rot-Rot-Grün beschlossenen Gesetz finden sich zahlreiche Regelungen zum Ausbau von Bus und Bahn, Rad- und Fußverkehr. Buchholz geht davon aus, dass im Zuge der Umsetzung des Gesetzes auch Parkplätze wegfallen werden. Auch Grünen-Verkehrssexperte Harald Moritz hält eine Quote vor diesem Hintergrund für "entbehrlich".

"Wir wollen eine neue Flächenverteilung zugunsten des öffentlichen Raumes, des ÖPNV und des Radverkehrs", begründete der Sprecher für Energie und Klimapolitik der Linke-Fraktion, Michael Efler, den Vorstoß. Eine feste Quote zur Reduktion von Parkplätzen sei sozial ausgewogener als "preisliche Maßnahmen" wie höhere Parkgebühren oder eine City-Maut. Sie könne ein Stück weit Anreize schaffen, auf den ÖPNV umzusteigen. Auf eine feste Zahl von Parkplätzen, die jährlich wegfallen sollen, legte sich Efler nicht fest.

Die Idee ist Teil eines umfangreichen Fraktionspapiers für mehr Klimaschutz, in dem die Linke stärkere Anstrengungen des Landes, mehr Vorgaben für Bewohner oder Investoren und mehr Geld fordert. "Berlin ist noch lange nicht auf dem Pfad, um seine kurz-, mittel- und vor allem langfristigen Klimaschutzziele einzuhalten", heißt es dort.

Ohne verstärkte Anstrengungen seien die Reduktionsziele beim Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) von 40 Prozent bis 2020, 60 Prozent bis 2030 sowie 95 Prozent bis 2050 nicht zu erreichen. Im Jahr 2016 - aktuellere Daten lägen nicht vor - hätten die CO2-Emissionen gerade mal um 31,4 Prozent unter dem Wert im Basisjahr 1990 gelegen.

Vor diesem Hintergrund heißt es im Linke-Klimapapier weiter: "Zur Umsetzung der Verkehrswende muss die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel noch attraktiver werden, um den Umstieg vom Auto zu fördern." Beim ÖPNV setzt die Fraktion auf neue Strecken im Schienenverkehr, vorrangig Straßenbahnen, sowie auf dichtere Takte und attraktivere Angebote für Pendler. Da dieses Programm Jahrzehnte in Anspruch nehme, müsse als "Zwischenlösung" der Busverkehr deutlich ausgeweitet werden, mit mehr Busspuren und Ampel-Vorrangschaltungen.

Die Linke tritt auch für ein 365-Euro-Ticket ein, das der Regierende Bürgermeister (SPD) jüngst bereits ins Spiel gebracht hatte, und will zur Einführung einen konkreten Fahrplan entwickeln. "Das 365-Euro- Ticket wird eine Vorstufe für den langfristig fahrscheinlosen ÖPNV in Berlin sein", heißt es weiter. Der Grüne Moritz lehnt das ab. "Zur Finanzierung (des ÖPNV) brauchen wir neue solidarische Einnahmequellen und setzen dabei auf das Ticket für alle Berlin-Touristen. Ein 365-Euro-Ticket hilft da nicht weiter."

Ergänzend fordert die Linksfraktion nach dem Vorbild anderer Kommunen die Ausrufung des Klimanotstandes, wobei sie den Begriff Klimanotfall angemessener findet. Ihr schwebt auch eine gesetzliche Pflicht zur Installation von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen bei Neubauten und größeren Sanierungsvorhaben sowie die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude vor. Inlandsflüge sollten aus Klimagründen verboten werden, so die Linke. Das wiederum will auch die SPD.

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