International - Hannover:Niedersachsen überprüft die Höhe der Nordseedeiche

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Hannover (dpa/lni) - Niedersachsen will angesichts eines Reports des Weltklimarats IPCC, der vor der Erderwärmung und einem beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels warnt, die Höhe der Deiche an der Nordsee überprüfen. Das Land werde auf Grundlage des Berichts die notwendige Höhe der Deiche einer genauen Prüfung unterziehen, kündigte Umweltminister Olaf Lies (SPD) am Mittwoch an. Es gehe darum, möglichen Handlungsbedarf zu ermitteln. Damit auch spätere Generationen sicher leben könnten, müssten die bisherigen Maßnahmen an der Küste künftig an die veränderten Bedingungen angepasst werden. "Im Klartext: Wir werden in den nächsten Jahrzehnten Milliarden Euro in den Küstenschutz investieren müssen."

"Der vorhergesagte Anstieg des Meeresspiegels zwischen 60 Zentimetern und 1,10 Meter wird sich elementar auf die Küsten Niedersachsens auswirken", sagte Lies. "Die Menschen an der Küste müssen sich zwar heute und den Folgejahren keine Sorgen machen." Dafür garantierten die sicheren Deiche. "Aber wenn wir bei der Erderwärmung so weiter machen wie bisher, dann besteht die Gefahr, dass der Meeresspiegel in der Nordsee deutlich über einen Meter bis zum Jahr 2100 ansteigt", sagte er. "Und diese Situation ist mit den heutigen Möglichkeiten kaum in den Griff zu kriegen."

Nötig sei ein konsequenter Klimaschutz, sagte der Minister. "Denn wir können etwas tun gegen den Klimawandel, wenn wir den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen begrenzen." Nur so lasse sich auch der Meeresspiegelanstieg begrenzen. Das Klimaschutzgesetz der Landesregierung sehe ein Bündel an Maßnahmen in diese Richtung vor. Zum wirksamen Klimaschutz gehöre aber auch, "dass sich die Menschen selbst umstellen", meinte Lies.

Die neue IPCC-Studie zeigt, dass die menschengemachte Erderwärmung Meere und Eismassen auf unserem Planeten massiv schädigt und dass dies unwiderrufliche Folgen mit sich bringt. So könnten Küstenstreifen und Inseln unbewohnbar werden. Eine besondere Gefahr könne die beschleunigte Eisschmelze in der Antarktis werden, falls das Eis einmal irreversibel instabil werde. Das könnte den Meeresspiegel innerhalb von Jahrhunderten um mehrere Meter steigen lassen. Es sei noch unsicher, ob und wann dies beginne.

Wie Prof. Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven erklärte, lassen sich weitgreifende Risiken durch zunehmendes Extremwetter und den Meeresspiegelanstieg nicht mehr vermeiden - wohl aber begrenzen: "Wir können die Gefahren einschätzen und haben Technologien für eine drastische Reduktion der Emissionen, wie auch für ambitionierte Anpassung." Es gehe darum, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Veränderungen im Ozean und den gefrorenen Regionen zu begrenzen. "So bleiben wichtige Ökosysteme erhalten, die auch die Grundlagen unseres Lebens sichern."

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, dass nicht überall höhere Deiche kommen müssten: Wenn für das Wasser Ausgleichsflächen geschaffen würden und das Watt an der Nordsee sich schnell genug aufbaue, könne es gehen. "Es wird jetzt nicht überall einfach Deiche am Strand geben", sagte Schulze. "Das sind sehr regionale, wirklich kleinräumige unterschiedliche Strategien."

Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte, der Meeresspiegelanstieg bedrohe unmittelbar deutsche Küstenregionen, besonders die Halligen bekämen dies zu spüren. Forschung für effektiven Küstenschutz werde bereits gefördert. In den nächsten drei Jahren würden unter anderem 15 Millionen Euro für ein Projekt zu regionalen Informationen zum Klimahandeln bereitgestellt. Es gehe dabei um Karten, Werkzeuge und Leitfäden, damit man nicht "jeden Gedanken in jeder Region wieder neu erfinden muss". Das Forschungsministerium unterstütze auch seit vielen Jahren die Entwicklung von Frühwarnsystemen.

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