Telekommunikation - Osterholz-Scharmbeck:Kampf den weißen Flecken: Breitband-Ausbau kommt voran

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Osterholz-Scharmbeck (dpa/lni) - Ist der letzte Balken im Handy-Display weg oder geht die Datenverbindung auf dem Smartphone oder am PC schon bei einfachen Suchanfragen in die Knie, ist klar: Man befindet sich an einem weißen, zumindest aber grauen Fleck. Auch in Niedersachsen gibt es sie noch.

Stefan Muhle spricht von unbewohnten oder kaum bewohnten "Problemclustern" und von Landstrichen im Süden Niedersachsens oder der Lüneburger Heide. Weit und breit kein Mensch, kein Haus, viel Wald. "Aber es muss unser Anspruch sein, dass man von allen Ecken Niedersachsens Notrufe absetzen kann", sagte der Staatssekretär für Digitalisierung am Dienstag beim 9. Breitbandgipfel Niedersachsen-Bremen.

Rund 300 Experten kamen dazu in die Stadthalle nach Osterholz-Scharmbeck. Landkreise, Kommunen, Bund, Land und Telekommunikationsunternehmen schickten Vertreter. Sie alle eint das Interesse am raschen Ausbau des Glasfasernetzes für das schnelle Internet und der Lückenschluss bei der Mobilfunkversorgung. Es geht um Millionen und Milliarden Euro und um ambitionierte Ziele.

Bis 2025 soll jeder Haushalt in Niedersachsen einen gigabitfähigen Anschluss haben, das heißt 100 Prozent. "Heute sind es 39 Prozent", sagte der Chef des Breitbandzentrums Niedersachsen-Bremen, Peer Beyersdorff. 2018 waren es 6 Prozent. Mehr als eine Versechsfachung, die unter anderem durch die Zusage des Unternehmens Vodafone zu erklären ist, 65 Prozent aller Haushalte über das Kabelnetz gigabit-fähig zu machen.

"Der durchschnittliche Privatnutzer, der im Internet surft und ab und zu vielleicht mal Netflix schaut, der kommt sicher mit 20 bis 50 Megabit pro Sekunde aus", ordnete Christoph Krösmann vom Digitalverband Bitkom die Relation. "Aber das Gigabit-Ziel ist völlig richtig." Das werde vor allem mit zunehmenden Virtual-Reality-Anwendungen ein Thema. Schon jetzt sei das bei Krankenhäusern mit großem Bilddatenvolumen oder an Schulen sinnvoll. Bei Privatnutzern seien dagegen der Bedarf und auch die Zahlungsbereitschaft für solch ein Produkt gering.

Die Versorgung in Niedersachsen mit 30 Mbit liegt zurzeit bei 84 Prozent und die für 100 Mbit bei 65 Prozent. Es geht dabei immer um die Datengeschwindigkeit beim Herunterladen (Download) von Inhalten aus dem Internet. 78 Prozent der niedersächsischen Schulen sind laut Landesregierung bereits gigabitfähig oder befinden sich im Ausbau dazu. Das gleiche gelte für rund zwei Drittel der Krankenhäuser, betonte Muhle.

Doch es ist vor allem die oft angesprochene "letzte Milchkanne", bei der der Anschluss auf dem flachen Land exorbitant teuer wird. Dies erweise sich als zunehmendes Problem, sagte der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages, Hubert Meyer. "Die Förderkulissen von Bund und Land sind darauf nicht zugeschnitten, deshalb müssen die Kommunen hierfür mit hohen Eigenanteilen einspringen." Beim Breitbandausbau zieht er das Fazit: "Insgesamt geht es deutlich voran, aber es bleibt mühsam."

Auch Muhle ist sich der Problematik bewusst. "Aber klar ist auch: Wir können nicht 100 000 Euro für einen Anschluss in die Hand nehmen." Deshalb müsse man beim schnellen Internet auch über Alternativen nachdenken. Er nennt das "Pflügen", bei dem im Gegensatz zu aufwendigen Erdarbeiten erstmal mit Traktor und Pflug die Kabel in die Erde gebracht ("gepflügt") werden oder die Möglichkeit, Kabel vorübergehend oberirdisch an Masten mit zu verlegen.

Fortschritte attestierten Kreise und Kommunen dem Land beim Thema Bürokratieabbau bei der Förderung. "Da gab es einen radikalen Schritt", sagte der Staatssekretär. Aus acht Fördertöpfen sei einer geworden und die Zuständigkeit von mehreren Ressorts auf das Wirtschaftsministerium konzentriert worden. "Unbürokratischer und viel effizienter als vorher", urteilte der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, Jan Arning.

Beim Thema Mobilfunk berichtete der Osterholzer Landrat Bernd Lütjen (SPD) von einem Modellprojekt, das Verbraucher freuen dürfte. In Zusammenarbeit mit den Kommunen seien Autos mit Messinstrumenten auf dem Dach in "jeder Straße und auf jedem Weg" im ganzen Kreis unterwegs, um zu prüfen, ob die Angaben von Mobilfunkanbietern zur Versorgungsqualität zutreffen. Immer wieder meldeten sich Bürger mit Klagen, weil Zusagen der Anbieter nicht eingehalten würden, sagte Lütjen. Mit eigenen Prüfdaten sei man nicht mehr nur auf die Angaben der Anbieter angewiesen und können diese auf Defizite hinweisen.

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