Prozesse - München:Mord-Prozess gegen "Todespfleger" startet

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München (dpa) - Er sollte seine Patienten pflegen - stattdessen soll er sie umgebracht haben: Vor dem Landgericht München I beginnt heute (26. November, 9.30 Uhr) der Prozess gegen einen polnischen Hilfspfleger wegen sechsfachen Mordes und dreifachen versuchten Mordes. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 38 Jahre alten Mann vor, er habe seinen pflegebedürftigen Patienten an verschiedenen Tatorten in Deutschland Insulin gespritzt, das als Überdosis tödlich sein kann. Er soll über das Medikament verfügt haben, weil er - im Gegensatz zu seinen Opfern - Diabetiker ist.

Die Morde soll der Mann - Medien nennen ihn einen "Todespfleger" - laut Anklage quer durch Deutschland begangen haben: in den bayerischen Orten Ottobrunn, Eckenthal und Wiesenbronn ebenso wie in Hannover, im schleswig-holsteinischen Burg und in Spaichingen in Baden-Württemberg. Versuchte Morde werden ihm angelastet in Mülheim an der Ruhr, in Esslingen und in Weilheim in Oberbayern.

Die Anklage geht von Heimtücke, Habgier und niedrigen Beweggründen aus. Neben den sechs Mordfällen sind drei Fälle des versuchten Mordes angeklagt und drei Fälle von gefährlicher Körperverletzung. Zusätzlich wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten Raub und Diebstahl vor. Er soll beispielsweise so profane Dinge wie Wein, Waschmittel, Toilettenpapier und Klobürsten gestohlen haben.

Der Prozess erinnert an den spektakulären Fall des Patientenmörders Niels Högel, der im vergangenen Jahr vom Landgericht Oldenburg wegen Mordes in 85 Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Das Münchner Gericht hat bis Ende Mai 2020 insgesamt 39 Verhandlungstage angesetzt.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert bessere staatliche Kontrolle von Pflegern. "Gerade im häuslichen Umfeld, wird es Mördern in der Pflege zu leicht gemacht", sagt Stiftungsvorstand Eugen Brysch. "Denn Sterben kommt hier nicht unerwartet." Seiner Ansicht nach "fehlen flächendeckende Anstrengungen, um solche Einzeltäter zukünftig frühzeitig zu stoppen".

Er forderte, Schwerpunktstaatsanwaltschaften und zentrale Ermittlungsgruppen für Delikte in Pflege und Medizin in allen Bundesländern einzurichten und Todesfälle in der Pflege grundsätzlich von einem Amtsarzt untersuchen zu lassen. "Eine länderübergreifende Zusammenarbeit muss Pflicht sein", sagte Brysch. Er betonte aber auch: "Ohne die Hunderttausenden 24-Stunden-Pflegekräfte aus Osteuropa könnte das deutsche Pflegesystem nicht funktionieren." Der Großteil dieser Kräfte arbeite sehr engagiert.

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