Polizei - Mainz:Mehr Eingaben bei Polizeibeauftragter: Kandel-Demos Thema

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Mainz (dpa/lrs) - Eine Leiche in Guatemala, abgelaufenes Essen für Polizisten und viel Nachbarschaftsstreit - das Spektrum der Themen, die auf dem Tisch der Polizeibeauftragten landen, ist breit. Zuletzt gingen so viele Beschwerden von Bürgern oder auch Polizisten ein wie noch nie seit der Schaffung des Postens im Jahr 2014. Barbara Schleicher-Rothmund, die auch Bürgerbeauftragte im Land ist, hält den Posten angesichts dieser Entwicklung für unverzichtbar. Es brauche solch einen neutralen, direkten Ansprechpartner.

Konkret gingen dem am Mittwoch in Mainz vorgestellten Tätigkeitsbericht der Polizeibeauftragten zufolge zwischen Juli vergangenen und Juni dieses Jahres 160 Eingaben ein (Vorjahr: 146). 81 (83) stammten von Bürgern und 27 (21) von Polizisten. Hinzu kamen 38 Petitionen, die dann den Weg in den Petitionsausschuss des Landtages finden. Erledigt wurden 116 der 160 Eingaben, bei den anderen laufen noch polizeiinterne oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

Bei den Bürgereingaben ging es vor allem um das Verhalten von Polizisten. In wenigen Fällen habe das Verhalten einzelner Beamter zwar nicht den Ansprüchen genügt, steht in dem Bericht. Dienstvergehen seien aber keine festgestellt worden, sagte Schleicher-Rothmund.

Sie schilderte exemplarisch einen Fall aus dem Norden des Landes. Dort hatte demnach eine Frau bei der Polizei eine Anzeige gegen einen Nachbarn stellen wollen, weil sie sich bedroht fühlte. Ein Beamter verweigerte dies, mit dem Verweis, dass der Nachbar nach einer "verbalen Entgleisung" wieder in der Wohnung sei. Als die Frau einen Tag später mit einer Mail erneut an die Polizei herantrat, wurde die Anzeige doch erfasst. Der Fall landete bei der Staatsanwaltschaft, die sah aber von einem Ermittlungsverfahren ab. Gleichwohl habe es ein Gespräch mit dem Polizisten gegeben.

Nachbarschaftsstreits spielten Schleicher-Rothmund zufolge bei Eingaben grundsätzlich eine große Rolle - die seien geradezu "Dauerbrenner". Bürger sähen eine "Allzuständigkeit der Polizei", heißt es im Bericht. Dabei wären diese Fälle bei Schiedsfrauen oder -männern sowie Anwälten besser aufgehoben, sagte die Polizeibeauftragte. Bürger kämen dennoch zur Polizei und beschwerten sich dann, dass die Fälle nach ihrer Meinung nicht vorankämen. In einem Fall wandte sich ein erboster Mensch mit einer Strafanzeige gegen einen Nachbarn gar an die Generalstaatsanwaltschaft.

Niedergeschlagen haben sich bei der Beauftragten auch die zahlreichen Demos im pfälzischen Kandel nach dem Tod der 15-jährigen Mia. Eine Gruppierung - und zwar das als rechtspopulistisch kritisierte "Frauenbündnis Kandel" - habe sich in ihrem Demonstrationsrecht eingeschränkt gefühlt, sagte Schleicher-Rothmund. Es sei um den Weg der Demozuges gegangen. Einer der Initiatoren des Bündnisses habe bei der Kundgebung die Teilnehmer aufgefordert, sich an die Polizeibeauftragte zu wenden. Dort seien dann auch Eingaben eingegangen, die seien aber allesamt unberechtigt gewesen.

Polizisten hätten in Eingaben etwa das seit Anfang 2019 geltende neue Arbeitszeitmodell namens "Gesünderes Arbeiten innerhalb der Polizei (GAP)" im Wechselschichtdienst thematisiert. Ein Beamter beschwerte sich, dass bei einem Einsatz im Juni 2018 ein Scheiblettenkäse mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum in seinem Lunchpaket gewesen sei. Das Innenministerium habe den Fall untersucht und betont, ein Mindesthaltbarkeitsdatum sei kein Verfallsdatum, eine Gefährdung der Gesundheit habe es nicht gegeben. Dennoch bedauerte das für das Essen zuständige Polizeipräsidium Einsatz, Logistik und Technik in Enkenbach-Alsenborn dem Bericht zufolge den Vorfall. "Da geht es auch ein bisschen um gefühlte Wertschätzung", sagte Schleicher-Rothmund.

Sie berichtete zudem von der Eingabe eines Bürgers, die sich um eine in Guatemala gefundenen Leiche drehte. Es ging demnach um einen Rheinland-Pfälzer, der in dem mittelamerikanischen Land eines natürlichen Todes gestorben war. Den Angehörigen ging es zu langsam, bis die Leiche in Guatemala identifiziert und überführt wurde. Das Ganze habe rund acht Wochen gedauert, erzählte Schleicher-Rothmunds Stellvertreter Hermann J. Linn - auch wegen nötiger Absprachen zwischen den dortigen Behörden sowie dem Bundes- und Landeskriminalamt. Für die Familie sei das nicht leicht gewesen, sagte Linn, ergänzte aber auch: "Das ging nicht schneller."

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