Finanzen - Wiesbaden:Duell zwischen Bouffier und Oppositionsführerin zum Haushalt

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Volker Bouffier (CDU), Ministerpräsident von Hessen. Foto: Andreas Arnold/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - In der Haushaltsdebatte im hessischen Landtag haben sich Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und SPD-Oppositionsführerin Nancy Faeser einen angriffslustigen Schlagabtausch geliefert. Im ersten direkten Duell der beiden Spitzenpolitiker zum Finanzplan des Landes für das Jahr 2020 sparten beide am Dienstag in Wiesbaden nicht mit gegenseitigen Vorwürfen und rhetorischen Spitzen. Die 49-jährige Faeser hatte im vergangenen Herbst den Vorsitz der SPD-Landtagsfraktion von Thorsten Schäfer-Gümbel übernommen.

Die Sozialdemokratin sprach im Parlament von einem "Schönwetterhaushalt" der schwarz-grünen Koalition mit kaum klugen Investitionen oder wohlüberlegten Ausgabenströmen. "Vor allem bietet dieser Haushaltsentwurf keine Idee für die Zukunft unseres Landes."

Bouffier warf der Opposition dagegen vor, ständig mehr Geld vom Land zu fordern, ohne konkrete Lösungen zum Sparen vorzulegen. "Dann bleibt am Ende früher oder später nur das Schuldenmachen." Angesichts der Nullzinspolitik sei das zwar verlockend, aber der falsche Weg, mahnte der Ministerpräsident in seiner ausführlichen Rede. Nicht nur wegen des Zinsrisikos glaube er nicht, dass es zukünftig eine größere Bereitschaft gibt, Geld zu sparen, um Schulden zurückzuzahlen.

Die Schulden von heute seien aber die Steuererhöhung von morgen und die Mitgift für die junge Generation. "Eine Politik, die es sich jetzt bequem macht und die Lasten allein der Zukunft aufbürdet", sei weder gerecht noch nachhaltig und deshalb insgesamt abzulehnen, sagte Bouffier.

Mangelnde Investitionen scheiterten zudem häufig nicht am Geld, erklärte er. Milliarden Euro aus Förderprogrammen würden stattdessen wegen zu langer und komplizierter Planungs-, Genehmigungs- und Gerichtsverfahren nicht abgerufen. Um das zu ändern, werde Hessen die angekündigten Schritte des Bundes zur Vereinfachung der Verfahren intensiv unterstützen.

Den Haushaltsentwurf der Landesregierung für das Jahr 2020 nannte der Ministerpräsident solide aufgestellt und mit massiven Investitionen in die Zukunft gerichtet. "Er kommt ohne neue Schulden aus und tilgt alte Schulden", betonte Bouffier und verwies auf die zahlreichen Initiativen des Landes etwa in Bildungs-, Kommunal-, Verkehrs- und Wohnungspolitik. Der Entwurf sieht nach den bisherigen Plänen bereinigte Einnahmen von 28,9 Milliarden und bereinigte Ausgaben von 29,2 Milliarden Euro vor.

Mit dem Landesetat 2020 stellt Hessen laut Interpretation der Landtags-Grünen die Weichen für "ökologischen Aufbruch, soziale Erneuerung und gesellschaftlichen Zusammenhalt". Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner sagte: "Dabei gehen wir umsichtig, vorausschauend und sorgsam mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger um. Wir geben Geld erst aus, wenn wir es tatsächlich auch verlässlich haben." Das unterscheide die schwarz-grüne Landesregierung von der SPD-Opposition, die mit ihren Haushaltsanträgen "allen alles" verspreche.

SPD-Chefin Faeser warf der Landesregierung im Gegenzug vor, dass Hessen als starkes Bundesland unter Wert regiert werde. Der Haushalt gestalte nichts, es gehe nur um den Erhalt des Koalitionsfriedens. Der Finanzminister habe zwar durch die sprudelnden Steuereinnahmen 1,1 Milliarden Euro mehr zur Verfügung als im Jahr zuvor, sagte die Sozialdemokratin. Die Landesregierung investiere aber weiter zu wenig in den Bau von bezahlbaren Wohnungen, für die Kitas, Krippen und Schulen sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien, die medizinische Versorgung vor Ort und den öffentlichen Nahverkehr.

Die SPD-Politikerin machte sich für ein 365-Euro-Ticket für alle Hessen stark. Das wäre ein Beitrag zu mehr gleichwertigen Lebensverhältnissen im Land und gleichzeitig zur Reduzierung des Autoverkehrs. Man müsste sich zumindest über die Finanzierung eines solchen Tickets mal Gedanken machen, betonte die Fraktionschefin.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Robert Lambrou mahnte, die Landesregierung müsse mehr Schulden abbauen. Mit der aktuell robusten Lage der Konjunktur sei dafür der richtige Zeitpunkt. "Besser wird's nicht mehr", betonte Lambrou. Er forderte mehr Geld etwa für die Innere Sicherheit. "In den Bereichen Inneres, Polizei, Justiz, Bildung und Familie müssen Investitionen getätigt werden, um die negativen Auswirkungen politischer Fehlentscheidungen der letzten Jahre zu entschärfen."

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Jan Schalauske, kritisierte, Schwarz-Grün versage im Kampf gegen Armut und verweigere die notwendigen Investitionen in Schulen, Krankenhäuser, öffentlichen Nahverkehr und soziale Sicherheit. Das Land liege bei der Armutsquote mittlerweile über dem Bundesschnitt. "Armutsbekämpfung bleibt bei Schwarz-Grün eine Leerstelle", sagte Schalauske.

"Die von der Landesregierung geplanten Investitionen sind ein Zukunftsverweigerungsprogramm", sagte der Chef der FDP-Fraktion, René Rock. Hessen sei ein starkes Land, "aber die Landesregierung macht es schwach". Die Investitionsquote sei erheblich zu niedrig im Vergleich zu anderen Bundesländern. Die FDP-Fraktion will vor allem die Digitalisierung vorantreiben und die Grunderwerbssteuer senken.

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