Neustadt an der Donau:Kriegsgräberfürsorge macht Grabräuberei zu schaffen

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Zwei Männer gehen mit Metallsuchgeräten an einer Stelle durch einen Wald, an dem Überreste eines abgestürzten Kampfflugzeugs aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden waren. (Foto: Alexander Auer/dpa)

Hobbyschatzsucher mit Metalldetektoren können für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Problem werden. "Was uns als Volksbund sehr zu schaffen macht,...

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Neustadt an der Donau/Kassel (dpa/lby) - Hobbyschatzsucher mit Metalldetektoren können für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Problem werden. „Was uns als Volksbund sehr zu schaffen macht, ist die Grabräuberei. Wenn einem toten Soldaten die Erkennungsmarke weggenommen wird - um sie zu verkaufen oder auch zu behalten - können wir ihn nicht mehr identifizieren“, teilte eine Sprecherin in Kassel mit. „Das heißt, er bleibt auf ewig ein Unbekannter und seine Angehörigen werden nie Gewissheit haben.“

Vor einigen Tagen hatten Schatzsucher in einem Wald in Neustadt an der Donau (Landkreis Kelheim) Teile eines Kampfflugzeuges aus dem Zweiten Weltkrieg und Knochenfragmente gefunden - nach Polizeiangaben höchstwahrscheinlich sterbliche Überreste eines Piloten. Nach Recherchen des Volksbunds könnte es sich um einen am 15. Februar 1943 gestorbenen Flieger handeln.

Der Trend zu Schatzsuchen mit Metallsonden führe möglicherweise zwar zu mehr solcher Funde, erklärte die Volksbund-Sprecherin. „Aber gleichzeitig ist es für viele Menschen verlockend, das, was sie finden, auch mitzunehmen. (...) Und damit begehen sie - viele sicher unbewusst - eine Straftat.“ Denn was man findet, dürfe man nicht automatisch behalten. Bei jedem Fund müssten Behörden informiert werden, betonte sie.

„Gerade das Suchen mit Metalldetektoren ist auch nicht ungefährlich.“ So hätten Soldaten häufig Munition dabei gehabt, so dass bei einer Entdeckung nicht nur die Polizei, sondern auch der Kampfmittelbeseitigungsdienst kontaktiert werden müsse.

Erst Ende Januar waren bei den Bauarbeiten für den neuen Fernbahnhof in Lindau Knochen und Gegenstände gefunden worden, die wohl einem Wehrmachtssoldaten zuzuordnen sind. Solche Funde 75 Jahre nach Kriegsende kommen nach Angaben des Volksbunds in Bayern - anders als etwa rund um Berlin - nicht mehr allzu häufig vor. „In Bayern sind Spontanfunde eher selten“, so die Sprecherin.

Von wie vielen Soldaten noch sterbliche Überreste im Freistaat verborgen sein könnten, vermögen weder der Volksbund noch das Innenministerium zu sagen. Ganz unterschiedliche Faktoren erschwerten das Auffinden, so die Sprecherin. „Manche Gräber wurden inzwischen überbaut, manchmal ist es aber auch die Bodenbeschaffenheit, die es schwierig macht.

In Bayern hätten Kommunen und Mitarbeiter der Kriegsgräberfürsorge aber zeitnah nach Kriegsende mit der Erfassung von Grablagen - vor allem Feldgräber - begonnen, teilte die Sprecherin mit. Anfangs inoffziell, denn erst im Juni 1947 wurde dem Volksbund die Lizenz erteilt, alle Kriegsgräber in Bayern zu suchen und zu erfassen, Schicksale zu klären sowie Angehörige zu benachrichtigen.

Eine Umbettungsgruppe des Volksbundes habe in zehnjähriger, akribischer Arbeit mehr als 15 000 Tote aus Feldgräbern und Behelfsanlagen geborgen, sie auf endgültige Grabstätten überführt und würdig bestattet. So entstanden den Angaben zufolge 26 große Kriegsgräberstätten sowie viele kleinere meist innerhalb kommunaler oder kirchlicher Friedhöfe. „Heute ruhen im Freistaat Bayern an über 350 Orten rund 167 000 Tote“, bilanzierte die Sprecherin.

Bei neuen Funden versuchen die Experten, Angehörige zu finden. „Deshalb ist es immer sinnvoll, wenn es vermisste Kriegstote in der Familie gibt, den Volksbund zu kontaktieren beziehungsweise bei der Gräbersuche online auf der Volksbundseite zu suchen“, so die Sprecherin. Während in anderen Ländern der Staat komplett die Kosten der Kriegsgräberpflege übernehme, bekomme der Volksbund in der Bundesrepublik nur einen staatlichen Zuschuss. Zu 65 Prozent werde die Arbeit von Spendern und Mitgliedern getragen.

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