Abfall - Frankfurt am Main:Offenhalten oder Schließen? Recyclinghöfe in Corona-Krise

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Ein Mann entsorgt Gerümpel auf dem Recyclinghof der Stadtreiniger. Foto: Uwe Zucchi/dpa/ (Foto: dpa)

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Frankfurt/Kassel/Darmstadt/Wiesbaden (dpa/lhe) - Recyclinghöfe schließen, offenhalten oder sogar länger öffnen - vor diesen Entscheidungen stehen Kommunen in Hessen. Denn durch die Corona-Krise haben sich die Abfallmengen verändert. Viele Firmen stehen still und produzieren keinen Müll. In privaten Haushalten wird mangels alternativer Freizeitbeschäftigung dagegen kräftig entrümpelt.

"Wir haben ein circa dreifach höheres Besucheraufkommen auf unseren sechs Wertstoffhöfen", sagte Stefan Röttele, Sprecher der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES). Es würden insbesondere Sperrmüll, Grünschnitt und Elektroschrott angeliefert. Das Sperrmüllaufkommen in Darmstadt ist laut der Stadt um 20 Prozent gestiegen, Tendenz weiter steigend.

In Kassel gab es ebenfalls großen Andrang bei den Recyclinghöfen: "Wir hatten fast täglich das gleiche Kundenaufkommen, das wir ansonsten nur an Samstagen verzeichnen", erklärte Birgit Knebel, Sprecherin der Stadtreiniger. Die kommunalen Entsorgungsunternehmen bewegen sich in einem Spannungsfeld: "Unser Ziel ist, soviel Dienstleistung wie möglich zu erhalten", sagte Knebel. Gleichzeitig habe man auch die Vorgabe, die Kundenkontakte wegen der Infektionsgefahr durch Covid-19 einzuschränken.

Doch wenn die Entsorgungseinrichtungen so voll wie in den vergangenen Tagen seien, funktioniere das kaum. Daher stehen die Recyclinghöfe in Kassel nun nur für unbedingt erforderliche Anlieferungen zur Verfügung - beispielsweise Umzug oder Wohnungsauflösung. Die FES in Frankfurt hat dagegen die Öffnungszeiten für die Anlieferung erweitert - nur ein Servicecenter in der Innenstadt sei geschlossen worden. Andere kommunale Entsorgungsunternehmen in Hessen schließen dagegen Recyclinghöfe.

Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) vertritt die privaten Entsorger. Er sieht die Entwicklung mit Sorge: Die in manchen Teilen Deutschlands fast flächendeckenden Schließungen von kommunalen Wertstoffhöfen seien nicht nachvollziehbar. Sie könnten zu Störungen der Sammelinfrastruktur führen, dadurch werde mehr Müll illegal entsorgt und Wertstoffe wie Papier stark verzögert dem Wertstoffkreislauf zugeführt.

Auch der hessische Vorsitzende des bvse, Olaf Schäfer, sieht dieses Risiko. Flächendeckende Schließungen gebe es hier noch nicht. Man beobachte aber, dass sich die Nachfrage nach Papier durch die Produktion von Medikamenten erhöhe, während die Altpapiermenge durch Firmenschließungen zurückgehe. "Wenn nichts weggeworfen wird, kommt auch nichts zurück", sagt er.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) verweist darauf, dass die kommunalen Entsorger Schwerpunkte setzen müssten: "Als vorbeugende organisatorische Maßnahme oder wenn es aufgrund von mehreren Krankheits- und Quarantänefällen in einem Unternehmen zu personellen Engpässen kommen sollte, priorisieren die kommunalen Unternehmen die Entsorgung ausgerichtet an den Anforderungen des Gesundheitsschutzes für die Bevölkerung", sagte eine Sprecherin.

Das bedeutet: Dicht besiedelte Gebiete haben Priorität vor dünn besiedelten. Bei den Abfallarten wird der medizinische Abfall zuerst entsorgt - beispielsweise Abfälle aus Krankenhäusern, Arztpraxen sowie Pflegeheimen. Es folgen Bioabfall und Restmüll, dann Wertstoffe sowie Leichtverpackungen, Papier und schließlich Sperrmüll. Dass die Menschen die Zeit für einen Frühjahrsputz nutzten, sei nachvollziehbar. Man bitte aber darum, "die Entsorgung der anfallenden Abfälle auf einen späteren Zeitpunkt zu verlagern".

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