Wissenschaft - Münster:Uni Münster berät über Namensänderung wegen Wilhelm II.

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Münster (dpa/lnw) - Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster steht nach jahrelangen Diskussionen über ihren Namensgeber Kaiser Wilhelm II. vor einer Entscheidung. Der 23-köpfige Senat der Universität berät am Mittwoch über den Abschlussbericht einer Arbeitsgruppe zum Umgang der Uni mit dem Kaiser (1859-1941), wie es in einer Terminankündigung der Uni vom Montag heißt.

Der deutsche Kaiser hatte 1902 die 1771 gegründete Universität Münster nach einer zwischenzeitlichen Herabstufung zur Akademie wieder in den Stand einer Universität erhoben und wurde als Stifter 1907 Namensgeber. Nach neuesten Forschungsergebnissen wird Wilhelm II. aber als "überaus militaristisch und nationalistisch, antislawisch und geradezu obsessiv antisemitisch" angesehen, wie es in dem Abschlussbericht der Arbeitsgruppe an den Senat heißt.

Studentenvertreter fordern seit Jahrzehnten eine Namensänderung. Die Arbeitsgruppe schlägt jetzt ein mehrstufiges Verfahren vor, an dessen Ende eine Umbenennung stehen kann, aber ausdrücklich nicht muss.

Der Senat, dem Professoren, Studenten sowie wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeiter der Universität angehören, muss jetzt über mehrere Maßnahmenpakete abstimmen. So sollen auf der Internetseite der Uni offensiver kritische Hinweise zu Wilhelm II. platziert und Erstsemester über den Namensgeber informiert werden. Öffentliche Diskussionsreihen und eine Ausstellung sind weitere Vorschläge. Für eine spätere Namensänderung müsste der Senat die Grundordnung der Universität ändern.

Zwar spricht die Arbeitsgruppe, die der Professor für Neuere und Neueste Geschichte Olaf Blaschke leitet, keine direkte Empfehlung für eine Umbenennung aus. Mehrere Hinweise aber sind eindeutig. "Perspektivisch kann eine solche Diskussion über die eigene Identität auch dazu führen, einst eine Namensänderung unumgänglich zu machen, was schon jetzt erneut in benennbaren Kreisen der Studierendenschaft für dringlich gehalten wird", heißt es in dem Abschlussbericht. Würde sich die Uni in Münster als erste von 13 bundesweiten Universitäten mit Stifternamen kritisch und offensiv mit dem eigenen Namenspatron auseinander setzen, wäre das ein positives Alleinstellungsmerkmal für die WWU, sagen die Autoren.

Vorbild könne Wilhelm II. nicht sein, heißt es in dem Bericht. Und weiter fragen die Autoren, wie man abwägen solle zwischen dem, was man heute über den Kaiser Negatives weiß und ihm als Förderer der Wissenschaft. Im historischen Kontext solle der Kaiser nicht als Vorbild oder Charakter geehrt werden, sondern als Stifter und Landesvater, wie es im 18. und 19. Jahrhundert üblich war.

Diskussionen um den Namensgeber der Uni gab es bereits in den 1990er-Jahren. 1997 hatte sich der Senat gegen eine Umbenennung ausgesprochen. Dass die neue Arbeitsgruppe jetzt kritischere Töne anschlägt, liegt auch an zwei 2001 und 2008 veröffentlichten neuen Bänden zur Biografie von Wilhelm II. Auch sei die Sensibilität im 21. Jahrhundert größer geworden. Verstärkt würden Diskussionen über fragwürdige Straßennamen geführt, heißt es in der Vorlage an den Senat. So wurde auch in Münster 2012 der Hindenburgplatz in der Nachbarschaft zur Uni nach einer Entscheidung der Bürger in Schlossplatz umbenannt.

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