Haushalt - Hannover:Haushalt 2021: Land legt 36-Milliarden-Etat vor

Deutschland
Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, spricht im Landtag. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Hannover (dpa/lni) - Niedersachsens Landesregierung verzichtet wegen der Corona-Krise im Haushalt für das kommende Jahr auf neue politische Schwerpunkte. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach am Montag in Hannover von einem "Haushalt des Übergangs", der sich auf die Krisenbewältigung konzentrieren werde. 200 Millionen Euro sollen eingespart werden. Es werde aber keine "Rotstiftpolitik" geben, betonte Weil, bestehende Aufgaben würden fortgeführt.

Der Etat soll 35,9 Milliarden Euro umfassen - dafür wird eine Neuverschuldung von bis zu 853 Millionen Euro notwendig, wie Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) sagte.

ZIELE: Die Steuereinnahmen im kommenden Jahr dürften 1,8 Milliarden Euro geringer ausfallen als erwartet - für zusätzliche politische Großprojekte gebe es daher schlicht keinen Spielraum, erklärte Weil. Um künftig wieder mehr Geld zur Verfügung zu haben, setzt das Land vor allem auf eine schnelle wirtschaftliche Erholung. Dafür liefere der zweite Nachtragshaushalt 2020, über den der Landtag Mitte Juli entscheidet, die entscheidenden Impulse. Zusammen mit dem ersten Corona-Hilfspaket stellt das Land damit knapp 13 Milliarden Euro für die Krisenbewältigung bereit.

Ein weiteres Investitionsprogramm im Jahr 2021, wie es der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gefordert hat, ist aber nicht vorgesehen. Dafür fließen 380 Millionen Euro, die im Jahr 2019 übrig blieben, in den Klima-, Arten- und Waldschutz. Außerdem soll angesichts von Hassbotschaften im Internet, Terrorismus und Clankriminalität die Strafverfolgung gestärkt werden. Dafür würden 20 neue Richter eingestellt, kündigte Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) an.

FINANZIERUNG: An neuen Schulden führe in den kommenden Jahren kein Weg vorbei, sagte Finanzminister Hilbers. Bis einschließlich 2023 rechnet die Regierung mit rund 1,6 Milliarden Euro auf Pump. Schon für die Nachtragshaushalte fallen etwa 8,8 Milliarden Euro neue Schulden an. Der Schuldenberg wächst damit in diesem Jahr auf mehr als 69 Milliarden Euro an, nachdem er zuletzt mühsam etwas abgetragen worden war. Im Jahr 2024 will das Land in die Tilgung der neuen Schulden einsteigen, binnen 25 Jahren sollen sie abbezahlt sein.

Gespart werden soll dafür schon jetzt: Im kommenden Jahr sollen die Einsparungen 200 Millionen Euro betragen, in den drei Folgejahren steigt diese Summe um jeweils 100 Millionen Euro an. Insgesamt betragen die Kürzungen bis 2024 damit 1,4 Milliarden Euro. "Die Leistungsfähigkeit des Staates ist nicht unendlich", sagte Hilbers. "Diese Krise wird uns allen weniger Wohlstand bringen." Auch schon geplante Vorhaben wie das 365-Euro-Ticket für Schüler im Nahverkehr will die Regierung jetzt frühestens 2022 anpacken.

REAKTIONEN: Aus Sicht der Gewerkschaften und der Grünen hat das Land eine Chance für ein Aufbruchssignal verschenkt. "Sparen ist angesichts von Herausforderungen wie Digitalisierung, Klimaschutz, Energiewende der falsche Ansatz", sagte DGB-Bezirkschef Mehrdad Payandeh. Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg warnte, die Wirtschaft werde den Verzicht auf zusätzliche Impulse "schon bald schmerzlich zu spüren bekommen".

Der FDP-Haushaltspolitiker Christian Grascha forderte dagegen, die bisherigen Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. "Es wird an nichts gespart, außer am Rotstift", kritisierte er. Der AfD-Abgeordnete Peer Lilienthal begrüßte, dass eine Arbeitsgruppe damit beauftragt wird, Einsparmöglichkeiten zu finden. "Da gäbe es jede Menge zu entdecken, zum Beispiel den Bereich der Ministerialbeamten, der in den höheren Rängen grotesk aufgeblasen ist", sagte er.

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