Freizeit - Berlin:Helfen Heizpilze der Gastronomie? Skepsis bei den Grünen

Berlin
Sebastian Czaja, Fraktionsvorsitzender der Berliner FDP, spricht im Abgeordnetenhaus. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa/bb) - Heizpilze könnten es den Berliner Restaurant- und Kneipenbesitzern möglich machen, Gäste auch im Herbst und Winter draußen zu bewirten. Angesichts der schwierigen Lage der Gastronomie wegen der Corona-Krise könnte das manches leichter machen. Bedenken gibt es allerdings aus ökologischer Hinsicht, nicht zuletzt bei Grünen-Bezirkspolitikern. Dagegen macht sich die Berliner FDP-Fraktion für die Heizpilze stark: "Corona zwingt die Gastronomie auch im Winter, meist provisorisch, zur Nutzung städtischer Außenflächen. Die meisten Gastronomen können sich gerade jetzt aber keine Investitionen leisten", sagte Fraktionschef Sebastian Czaja am Donnerstag.

"Deshalb fordern wir die Aussetzung des Heizpilz-Verbots in der ganzen Stadt, zunächst begrenzt auf die nächsten sechs Wintermonate", so der FDP-Politiker. "Wir müssen so viele Restaurants, Cafés und Kiezkneipen vor der Insolvenz bewahren wie möglich", sagte Czaja. "Statt eines teuren Hilfspakets benötigt es an dieser Stelle von Seiten des Senats nur einen Federstrich für die temporäre Aussetzung eines eh umstrittenen Verbots."

Aus Klimaschutzgründen lehnen die Bezirksbürgermeister von Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg, Stephan von Dassel und Monika Herrmann, die mit Gas betriebenen, Wärme spendenden Heizpilze allerdings ab. Das berichtete die "Berliner Morgenpost" am Donnerstag. Jedes Gramm Kohlenstoffdioxid "bringt uns näher an den Rand der Katastrophe", wurde Herrmann zitiert.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hatte Ende August vorgeschlagen, die Heizpilze vorübergehend auf den Außenflächen zu erlauben. Dafür sollten die Gastronomiebetriebe dann eine Klimaabgabe zahlen. Seit 2009 sind die Wärmequellen auf öffentlichem Boden in manchen Bezirken verboten.

Berlins Gastronomen sehen der kalten Jahreszeit mit großen Sorgen entgegen. Die Erfahrung der Sommermonate hat gezeigt, dass Gäste die Außenbereiche klar bevorzugen. Was passiert, wenn es schlicht zu kalt wird, um noch im Freien zu sitzen? Die Kapazitäten der Gastronomie seien wegen der Corona-Auflagen begrenzt, sagte Gerrit Buchhorn, stellvertretender Dehoga-Hauptgeschäftsführer in Berlin, am Donnerstag. Alles, was helfe, sie zu vergrößern, sei deshalb zu begrüßen. "Dazu gehören auch Heizpilze." Neben anderen Möglichkeiten: etwa der, die Terrasse winterfest zu machen.

In jedem Fall gehe es nur um eine vorübergehende Regelung, betonte Buchhorn. Und es seien auch andere Varianten denkbar, etwa Heizlüfter, wie sie in Bierzelten eingesetzt würden. "Bei dem ein oder anderen Gast reicht vielleicht auch, eine Decke hinzulegen." In jedem Fall müsse der Brandschutz berücksichtigt werden: Unter Schirmen oder Markisen seien Heizlüfter tabu.

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte der "Berliner Morgenpost": "Wir teilen die Sorgen der Branche mit Blick auf Herbst und Winter. Die Herausforderung ist, Infektionsschutz und Klimaschutz in Einklang zu bringen." Vor dem Hintergrund der Klimakrise seien gasbetriebene Heizpilze keine klimafreundliche und intelligente Lösung. Mit den Bezirken müsse diskutiert werden, inwiefern elektrisch- und mit Ökostrom betriebene Heizmöglichkeiten eine zeitlich begrenzte Alternative für diese Notsituation seien.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte am Dienstag vorgeschlagen, die "bescheidenen Energiekosten" für die Heizpilze könnten klimapolitisch ausgeglichen werden - durch CO2-Kompensation. Auch der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, hat Verständnis für die Situation der Gastronomie gezeigt: "In diesem Winter ist das alles anders, und daher wäre ich in dieser speziellen Ausnahmesituation und mit Blick auf den Gesundheitsschutz dafür, Verbote zeitlich befristet auszusetzen."

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