Demonstrationen - Kirtorf:Neue Barrikaden im Dannenröder Wald: "es wird ein Marathon"

Demonstrationen
Einsatzkräfte der Polizei im Dannenröder Forst. Foto: Andreas Arnold/dpa (Foto: dpa)

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Homberg/Ohm (dpa/lhe) - Motorsägen dröhnen durch den Wald, Polizisten holen Umweltaktivisten von hohen Gestellen und räumen über Nacht errichtete Barrikaden weg: Am Tag zwei des Polizei-Großeinsatzes im Dannenröder Wald bei Homberg (Ohm) in Mittelhessen arbeiten sich die Beamten weiter vor, damit dort die Rodungen für den umstrittenen Weiterbau der Autobahn 49 beginnen können. Nachdem die Einsatzkräfte am Vortag erste von Aktivisten aufgestellte Hindernisse aus dem Weg geräumt hatten, stießen sie am Mittwoch gleich auf neue. Nach Angaben der Polizei versuchten zudem drei Ausbaugegner, verbal unterstützt von etwa 25 Personen, eine Absperrung zu durchbrechen. Die drei wurden zunächst festgenommen.

Die Ausbaugegner seien auf die Absperrung zu gerannt und hätten Steine und Hölzer in der Hand gehabt, sagte ein Polizeisprecher. Beamte hätten dann den Schlagstock gezogen, um sie auf Abstand zu halten. Es sei aber nach bisherigem Stand niemand getroffen worden. Zudem habe eine Person Widerstand geleistet, als sie von einer Hängematte geholt wurde. Davon abgesehen sei der Einsatztag friedlich verlaufen und die Arbeiten hätten wie geplant fortgesetzt werden können, teilte der Sprecher am Nachmittag mit.

Auf passiven Widerstand verlegten sich erneut einige Aktivisten, indem sie sich auf meterhohe Tripods - dreibeinige Gestelle - zurückzogen sowie auf Bäume oder auf Hängematten, die an Seilen befestigt waren. Spezialeinsatzkräfte holten mehrere Personen mit großem Aufwand aus der Höhe zurück auf den Boden.

Die neu aufgetauchten Barrikaden waren für die Beamten dem Polizeisprecher zufolge keine Überraschung: "Das ist in unseren Planungen mit drin, dass es hier immer wieder neue Aktionen gibt, dass hier über Nacht einiges aufgebaut wird von dem, was wir wegnehmen", sagte er. Den am Dienstag begonnenen Einsatz bezeichnete der Sprecher dennoch als erfolgreich: Die Kräfte hätten einige Gefahrenquellen identifizieren und beseitigen können, "so dass die Zufahrtswege als auch die Rettungswege frei sind und wir jetzt hier den Wald besser erreichen können".

Die mehreren hundert Polizisten waren am Mittwoch erneut an zwei Orten im Einsatz: Im nördlichen Teil des Dannenröder Waldes, wo die Räumung der Barrikaden im Vordergrund stand, sowie weiter südlich. Dort ging es um den Aufbau von Logistik. Rodungen mit schwerem Gerät wurden zunächst noch nicht erwartet. Allerdings waren bereits Motorsägen im Einsatz, die erste Bäume fällten.

Aus Sicht einer Aktivistin kommt die Polizei bei ihrem Einsatz nur "extrem langsam" voran. "Gestern hat die Polizei angefangen, hier einige Strukturen wegzuräumen, und heute waren sie im Prinzip wieder da", sagte die junge Frau. Sie erwartete weitere Proteste mit mehr Teilnehmern: Es gebe ein Netzwerk von Menschen, "die sozusagen alle auf Abruf bereit sind". Der Widerstand sei "kein Sprint, sondern ein Marathon".

Im Dannenröder Wald sollen auf einer Fläche von 27 Hektar Bäume für den Lückenschluss der Autobahn 49 gerodet werden. Die Aktivisten wollen das verhindern und halten den Forst, der für sie ein Symbol des Verkehrsprojektes ist, seit mehr als einem Jahr "besetzt". Insgesamt sollen für die neue Trasse rund 85 Hektar Wald weichen. Im Herrenwald bei Stadtallendorf sowie im Maulbacher Wald bei Homberg sind die Arbeiten bereits so gut wie abgeschlossen. Als Kompensation für die Eingriffe in die Natur sind auf rund 750 Hektar Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen.

Die A49 soll nach der Fertigstellung Kassel und Gießen direkter miteinander verbinden. Befürworter versprechen sich von der Autobahn weniger Lärm und Verkehrsbelastung in Dörfern der Region, die Gegner halten das Projekt angesichts der Klimakrise für verfehlt.

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