Gesundheit - Hannover:Land hält am Verteilschlüssel für Corona-Impfstoff fest

Corona
Eine Frau wird gegen das Coronavirus geimpft. Foto: Hendrik Schmidt/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Hannover/Bremen (dpa/lni) - Trotz Klagen von Landkreisen über Umfang und Rhythmus der Impfstofflieferungen hält Niedersachsen an dem gewählten Verteilschlüssel für den Corona-Impfstoff fest. Es sei verständlich, dass die Landkreise mehr impfen wollten, die Lieferungen an das Land aber seien begrenzt, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums am Freitag in Hannover. Mit derzeit wöchentlich verfügbaren rund 30 000 Dosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer in Chargen von 975 Dosen lasse sich nicht jedes der 50 Impfzentren in Niedersachsen wöchentlich beliefern.

Am Freitagnachmittag teilte das Ministerium mit, dass Niedersachsen genau wie die anderen Bundesländer in den kommenden Wochen weniger Impfstoff der Hersteller Biontech und Pfizer erhalten wird als angekündigt. "Das ist ein echter Schlag ins Kontor", sagte Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD). Als Grund für die Lieferprobleme wurden Umstellungen im Produktionsprozess in einem Werk des Herstellers Pfizer genannt. Die Lieferung über rund 68 000 Impfdosen, die für den 19. Januar erwartet werde, sei nicht betroffen. "Es wird aber erwartet, dass die Folgelieferungen in den nächsten Wochen kleiner ausfallen werden", so die Ministerin.

Für das Bundesland Bremen gilt dasselbe. "Dass es jetzt erneut zu solchen Verzögerungen kommt, ist mehr als ärgerlich", sagte die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linkspartei). Die Planungen in allen Bundesländern bauten auf regelmäßigen Lieferungen. Welche Auswirkungen die Verzögerung für die Impfeinladungen an die über 90-jährigen in Bremen habe, sei noch nicht abzuschätzen.

Der für Niedersachsen gewählte Verteilschlüssel für den Corona-Impfstoff ist aus Sicht des Ministeriums fair. Er beruht auf der Einwohnerzahl. Ansonsten würden zusätzliche Lieferungen an einzelne Landkreise bedeuten, dass diese Impfstoffmengen einem anderen Landkreis weggenommen werden müssten, so der Sprecher. Inzwischen wurden in Niedersachsen mindestens 78 174 Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Am Freitag wurde zudem mit dem Moderna-Impfstoff geimpft, zunächst in Kliniken in Oldenburg und Osnabrück.

Unmut über die Impfstoffverteilung gab es unter anderem in Kreisen in Ostfriesland. "Wir bedauern natürlich, dass wir unsere schwungvoll begonnene mobile Impfung in den besonders von der Pandemie betroffenen Pflegeheimen im Landkreis Wittmund nicht im gleichen Tempo fortsetzen können", sagte Landrat Holger Heymann (SPD). Wegen fehlenden Impfstoffs musste der Landkreis die Impfungen in Pflegeheimen unter der Woche einstellen. Eine zweite Lieferung wird für den 4. Februar erwartet.

Der Lieferrhythmus sorgte auch in anderen eher ländlichen Regionen Niedersachsens für Unmut. Der von der Infektionswelle stark betroffene Kreis Gifhorn etwa klagte, dass er zunächst nur noch alle zehn statt alle sieben Tage beliefert wird - das bringe Planung und Abläufe durcheinander, erklärte Landrat Andreas Ebel (CDU). Auch aus der kreisfreien Stadt Emden war Unmut über die Impfstoff-Verteilung zu vernehmen. Die Verteilungsregelung sei aus Emder Sicht "unglücklich" und führe vor Ort zu Unverständnis, sagte der Emder Stadtbaurat Andreas Docter am Freitag der "Ostfriesen-Zeitung".

Der Kreis Cloppenburg indes verwies darauf, dass bereits alle impfbereiten Personen in den 27 Senioren- und Pflegeeinrichtungen des Landkreises geimpft seien. "Die Impfkampagne des Landes begann bei uns am 27. Dezember, gemeinsam mit dem Landkreis Osnabrück", sagte ein Kreissprecher. Von Sonntag an erhalten die als erste vor drei Wochen Geimpften ihre zweite Impfdosis. An diesem Samstag starte der Landkreis außerdem die dezentralen Impfungen der Über-80-Jährigen, die nicht in einem Heim leben.

Für Kritik der Landtagsopposition sorgte die vom Ministerium an die Heimaufsichten gerichtete Maßgabe, dass für die zweite Corona-Impfdosis eine gesonderte Impfeinwilligung für jede Bewohnerin und jeden Bewohner eingeholt werden muss. "In der jetzigen Situation ist schnelles, möglichst unbürokratisches Handeln nötig", sagte die FDP-Abgeordnete Susanne Schütz. "Es ist nicht nachvollziehbar, warum für eine Impfung, die von vornherein auf zwei Impfdosen ausgelegt ist, zwei separate Einwilligungen verlangt werden."

Die Grünen-Abgeordnete Meta Janssen-Kucz sagte: "Die Empörung in der Pflege ist absolut verständlich. Was da zum Wochenende aus dem Sozialministerium verlangt wird, sprengt alle Impfpläne." Die zweite Impfung gerate in Gefahr. Dem widersprach das Sozialministerium. Die Erfordernis einer zweiten Einwilligung sei den Heimen längst bekannt. Sie sei bundesgesetzlich erforderlich, weil es sich jeweils um einen ärztlichen Eingriff handelt.

Unterdessen ging die Zahl der Neuinfektionen in Niedersachsen am Freitag leicht zurück, ebenso die der Klinikpatienten. Die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank auf 105,7 - nach 108,6 am Vortag. Der Wert gibt die Zahl der Menschen an, die sich in der vergangenen Woche gerechnet auf 100 000 Menschen nachweislich mit dem Virus infiziert haben.

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