Kirche - Worms:Zivilcourage: Worms feiert 500 Jahre Widerrufsverweigerung

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Eine riesige Statue Martin Luthers (r). Foto: picture alliance / Frank Rumpenhorst/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Worms (dpa/lrs) - Die große Gedenkfeier für Martin Luther im April in Worms soll auch drängende Fragen der Gegenwart beantworten - das wünscht sich die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Vor 500 Jahren weigerte sich Reformator Luther in der Stadt am Rhein, seine Schriften zu widerrufen. "Das Jubiläum wird keine Geschichtsstunde", sagte EKHN-Präsident Volker Jung am Dienstag. Es gehe auch um Überzeugung und Zivilcourage - und um die Frage, welche "Luther-Momente" es heute gebe. Das Gedenken soll dazu anregen, sich den aktuellen Herausforderungen zu stellen, sagte Jung.

Luther hatte sich am 18. April 1521 auf dem Wormser Reichstag geweigert, seine Schriften zu widerrufen. "Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen" - diese berühmten Worte soll er als Gegenrede zu Kaiser und Papst gesprochen haben. Die Weigerung gilt als Schlüsselereignis der Kirchengeschichte. Die Reformation nahm ihren Lauf und führte zur Kirchenspaltung. "Als Einzelner hat sich Luther gegen die mächtigsten Kräfte seiner Zeit gestellt", sagte der EKHN-Präsident. Diese Standfestigkeit fasziniere bis heute.

Auch bei den traditionellen Nibelungen-Festspielen in Worms steht Luther (1483-1546) diesmal im Mittelpunkt. Luther sei quasi der "erste Social-Media-Star seiner Zeit" gewesen, sagte der künstlerische Leiter Thomas Laue. Der Reformator habe früh die damals neuen Medien wie etwa Flugblätter genutzt. "Das schlägt auch eine Brücke zu heute." Das Stück für die Festspiele (16. Juli bis 1. August) schreibt der Schweizer Schriftsteller Lukas Bärfuss, Regie führt die Ungarin Ildikó Gáspár. Die Spiele finden seit 2002 statt.

Das Luther-Gedenken werde keine reine Vergangenheitsschau, betonte auch Projektleiter Fabian Vogt bei einer Video-Pressekonferenz. "Wir werden nicht nur historisch zurückblicken." Es gehe in Erinnerung an Luther auch darum, Haltung zu zeigen. Für den 17. April planen die Veranstalter einen Festakt, der im Internet übertragen wird. Am späten Abend soll dann die Dreifaltigkeitskirche bei einer Multimedia-Inszenierung zur "größten Leinwand Europas" werden. Ein Ensemble um Schauspieler Rufus Beck erweckt Geschichte zum Leben.

Abgeschlossen wird das Wochenende am 18. April mit einem ökumenischen Festgottesdienst. Am 3. Juli öffnet dann die Landesausstellung "Hier stehe ich. Gewissen und Protest - 1521 bis 2021" in Worms.

Oberbürgermeister Adolf Kessel (CDU) rechnet zum Jubiläum mit mehr als 100 Veranstaltungen. In seinen 95 Thesen hatte der Augustinermönch und Theologieprofessor Luther den Ablasshandel der katholischen Kirche verurteilt, sich von Sünden freikaufen zu können.

© dpa-infocom, dpa:210209-99-367793/3

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