Gedenkstätten - Frankenberg/Sa.:Initiativen kritisieren Entwürfe zu Gedenkstätte Sachsenburg

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Eine Informationstafel steht auf de Gelände der KZ-Gedenkstätte Sachsenburg. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Frankenberg (dpa/sn) - Neue Pläne zum Umgang mit der ehemaligen Kommandantenvilla des Konzentrationslagers Sachsenburg sorgen für Streit. Vorige Woche waren von einer Jury die Sieger eines internationalen Ideenwettbewerbs gekürt worden. Das Ergebnis stößt jedoch bei mehreren Erinnerungsinitiativen auf scharfe Kritik. Sie stören sich insbesondere daran, dass die beiden Erstplatzierten einen weitgehenden Abriss des stark baufälligen Gebäudes vorsehen.

"Unseres Erachtens muss der Erhalt der Struktur der Kommandantenvilla ein fundamentaler Bestandteil des Konzeptes einer künftigen Gedenkstätte KZ Sachsenburg sein", sagte Anna Schüller von der Geschichtswerkstatt Sachsenburg am Mittwoch. Die Entscheidung der Jury sei nicht nachvollziehbar und die Umsetzung der Entwürfe auf Platz 1 und 2 aus ihrer Sicht keine Option. "Das einmalige Ensemble des KZ Sachsenburg wird durch den Abriss der Villa unwiederbringlich zerstört." Die Kritik wird von der Lagerarbeitsgemeinschaft KZ Sachsenburg und der Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus geteilt.

Der Siegerentwurf "Annäherung in Zahlen" sieht nach Angaben der Stadt Frankenberg (Landkreis Mittelsachsen) einen Abbruch der Obergeschosse und des Daches der Villa vor. Mit dem Abbruchmaterial soll das Areal gestaltet werden. Der Gebäudesockel soll als Gedenkort genutzt werden und dort Wände aus Stahlbeton errichtet werden, in die die rund 7000 bekannten Namen einstiger Häftlinge eingeschrieben werden. Zudem sollen mit dem Abbruchmaterial 52 Streifen um den Gebäudegrundriss gebildet werden, die jeweils für einen Monat stehen, in denen das KZ Bestand hatte.

Für den Wettbewerb waren 64 Beiträge eingegangen, auch aus dem Ausland. Die Kritiker befürchten, dass ein Abriss der Villa die Finanzierung für die Errichtung der Gedenkstätte durch Bund und Land gefährdet und sich das Projekt verzögert. Die Kommandantenvilla sei "ein Täterort" gewesen, betonte Schüller.

Dies erfordere einen entsprechenden Umgang mit den baulichen Relikten. "So können hier dezidiert Fragen nach Täterschaft im Lager und der unmittelbaren Nachbarschaft behandelt werden, was in den beiden Siegerentwürfen jedoch nicht vorgesehen ist." Dagegen plane der drittplatzierte Entwurf, die äußere Erscheinung des Gebäudes zu erhalten und im Innern eine Art "Echoraum" zu schaffen.

Sachsenburg gehört zu den frühen Konzentrationslagern der Nationalsozialisten. Es war Vorläufer späterer KZ wie Buchenwald und Sachsenhausen sowie Ausbildungsstätte der SS. Das KZ wurde 1933 in einer Spinnerei eingerichtet. Bis zur Schließung 1937 wurden dort etwa 10 000 Menschen interniert - vor allem politische Gegner der Nazis wie Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Kommunisten.

© dpa-infocom, dpa:210616-99-14701/2

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