Migration - Berlin:Mehr Asylbewerber aus Moldau: Bundesinnenministerium besorgt

Berlin
Elke Breitenbach (Die Linke) spricht. Foto: Fabian Sommer/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Mit Sorge beobachtet das Bundesinnenministerium die steigende Zahl von Asylbewerbern aus der Republik Moldau, vor allem in Berlin. Regierungsbeamte warnen in diesem Zusammenhang auch vor falschen finanziellen Anreizen für irreguläre Migration.

Das geht aus einem Brief von Innen-Staatssekretär Helmut Teichmann an die Berliner Senatorin für Integration, Elke Breitenbach (Linke), hervor. In dem Anfang September versandten Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es: "Bei den bundesweit gestellten Erst- und Folgeanträgen von Moldauern entfällt dabei mit ca. 80 % ein auffällig hoher Anteil auf Berlin."

Dass in diesem Jahr bei über 1500 Asylentscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in keinem einzigen Fall internationaler Schutz oder auch nur ein Abschiebungsverbot anerkannt worden sei, unterstreiche die Brisanz dieser Entwicklung, führte der Staatssekretär weiter aus. Der Missbrauch des Asylsystems durch nicht schutzbedürftige Migranten sei ein Thema, "das in seiner Bedeutung für die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz" nicht unterschätzt werden dürfe.

Durch eine konsequente Anwendung des im Asylbewerberleistungsrecht verankerten Sachleistungsgrundsatzes könnten hier finanzielle Fehlanreize verhindert werden, schlug Teichmann vor. Das entsprechende Gesetz sieht vor, dass bei der Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung, wo Verpflegung, Decken und so weiter vorhanden sind, der darüber hinausgehende "notwendige persönliche Bedarf" durch Sachleistungen gedeckt wird, "soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist". Wer später in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnt, erhält mehr Geld, weil er für Verpflegung, Kleidung und anderes selbst sorgen muss.

Teichmann schrieb, außerdem sei es wichtig, Geldleistungen höchstens einen Monat im Voraus zu zahlen. Denn eine Verlängerung der Zahlungszeiträume führe zu einer Vervielfachung der ausgezahlten Bargeldbeträge und könne dadurch "eine ungewollte Attraktion auf nicht schutzbedürftige Migranten und organisierte Schleuserbanden" ausüben.

"Ich finde den Brief übergriffig", sagte Breitenbach der dpa am Mittwoch. "Wir haben uns in Berlin für eine Willkommenskultur entschieden." Das Sachleistungsprinzip sei teuer, bürokratisch und mache den Menschen unnötig das Leben schwer. Die Menschen in Moldau befänden sich "in einer elenden Lebenssituation, der versuchen sie zu entgehen". Jeder einzelne Asylantrag müsse geprüft werden. Hinweise auf Schleuserkriminalität habe ihre Behörde bislang nicht, auch wenn Mitarbeiter des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten einmal gesehen hätten, wie Menschen mit einem Kleinbus vorgefahren seien. Diese Beobachtung habe man an die zuständigen Ordnungsbehörden weitergegeben.

Die Berliner Verwaltung war 2020 laut Breitenbach wegen der Corona-Pandemie dazu übergegangen, das Geld für Berechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die kein deutsches Konto haben, für drei Monate im Voraus auszuzahlen. Das Landesamt sei jetzt dabei, diese Ausnahmeregelung allmählich wieder zurückzufahren und zu einer monatlichen Auszahlung zurückzukehren.

Im August hatten bundesweit 431 Moldauer in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Damit belegte die Republik Moldau nach Syrien, Afghanistan, dem Irak und der Türkei den fünften Platz auf der Liste der Hauptherkunftsländer von Asylbewerbern. Vor einem Jahr waren aus der Ex-Sowjetrepublik noch keine Asylbewerber in nennenswertem Umfang nach Deutschland gekommen. Im Juni dieses Jahres stellten hierzulande 111 Menschen aus Moldau einen Antrag auf Asyl. In der Ex-Sowjetrepublik, die seit Jahrzehnten zwischen Russland und Europa hin- und hergerissen ist, war vor einem Monat eine neue, prowestliche Regierung gebildet worden.

Dem Vernehmen nach sollen sich einige der Asylantragsteller aus Moldau vor ihrer Einreise nach Deutschland in Frankreich oder den Niederlanden aufgehalten haben, beziehungsweise nach Ablehnung ihres Asylantrages in Deutschland in eines der beiden Nachbarländer gereist sein. Breitenbach sagte: "Wir haben das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angesichts der gestiegenen Zahl von Schutzsuchenden aus Moldau gefragt, ob diese ihre Anträge künftig auch in anderen als den drei dafür ausgewiesenen Bundesländern - Berlin, Niedersachsen und Bayern - stellen könnten."

© dpa-infocom, dpa:210908-99-133394/3

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