Sport:Van Almsick: "Zu viel Gebrüll" beim Thema Equal Pay

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Hält die Equal-Pay-Debatte derzeit für unangebracht: Franziska van Almsick. Foto: Daniel Reinhardt/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Aachen (dpa) - Die frühere Weltklasse-Schwimmerin Franziska van Almsick hält die Diskussion um gleiche Bezahlung für Sportlerinnen und Sportler im Fußball für zu aufgeregt und derzeit für unangebracht.

"Ich will mich als Frau emanzipieren, ohne eine Emanze zu sein. Manchmal ist mir das Gebrüll zu groß und es geht alles einen Ticken zu schnell. Ich hätte es gerne ein bisschen nachhaltiger", sagte die mehrfache Welt- und Europameisterin auf dem Zukunftskongress "Neuland" in Aachen.

In den USA haben die Fußballerinnen einen historischen Tarifvertrag erstritten, der ihnen die gleiche Bezahlung garantiert. Das könne man aber nicht vergleichen, sagte die 44-Jährige: "Frauenfußball hat in den USA einen ganz anderen Stellenwert - und der Männer-Fußball auch. Der steht hier bei uns eben über allem", sagte sie: "Wir überpacen manchmal und hauen einfach Parolen raus. Das finde ich schwierig. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber alles muss Schritt für Schritt gehen."

Die DFB-Frauen wollen sich entsprechenden Forderungen derzeit auch nicht anschließen. "Zur Wahrheit gehört auch, dass die Vermarktungserlöse von Männern und Frauen, aus denen sich auch die Turnierprämien ergeben, bei uns in der Bundesliga und den Nationalmannschaften extrem weit auseinanderliegen", sagte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg.

Van Almsick betont Vorbildfunktion von Sportlern

Auf dem Zukunftskongress beklagte Van Almsick zudem den sinkenden Stellenwert von Sportlern als Vorbilder in der Gesellschaft. "Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Vorbildrolle nicht verlieren", sagte sie. "Die Influencer kommen von rechts und links. Wir Sportler und ehemaligen Sportler müssen aufpassen, dass wir uns nicht vertreiben lassen. Da müssen wir uns für die Zukunft durchboxen, damit die Athleten weiter als die Vorbilder gesehen werden, die sie sind", sagte die 44-Jährige.

Der in London lebende Sprint-Paralympicssieger Felix Streng kritisierte derweil die Einstellung zum Sport in Deutschland. "In London gibt es viele Parks mit öffentlichen Sportanlagen, die sind immer voll. Wenn ich in Deutschland eine Sportanlage betrete, werde ich gefragt, was ich hier will, ob ich hier drauf darf und ob ich versichert bin", sagte er: "Es gibt heute für Kinder so hohe Hürden, überhaupt Sport machen zu können. Wenn ich rausgehe, werde ich wieder weggeschickt oder da steht ein fünf Meter hoher Zaun, über den ich nicht komme. Und wenn ich keinen Zugang habe, greife ich viel schneller zur Konsole."

© dpa-infocom, dpa:220629-99-843449/3

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