Energie - Berlin:Saleh kritisiert Agieren der Bundesregierung in Energiekrise

Energie - Berlin: Berlins SPD-Chef Raed Saleh gibt ein Interview. Foto: Carsten Koall/dpa/Archivbild
Berlins SPD-Chef Raed Saleh gibt ein Interview. Foto: Carsten Koall/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa/bb) - Berlins SPD-Chef Raed Saleh fordert von der rot-grün-gelben Bundesregierung ein entschlosseneres Handeln in der Energiekrise und mehr Entlastungen für die Bevölkerung. "Durch die aktuellen Preisentwicklungen drohen inzwischen konkrete Massenarmut und das Abrutschen ganzer Bevölkerungsschichten", sagte Saleh der Deutschen Presse-Agentur.

Was die Bundesregierung bislang an Entlastungen auf den Weg gebracht habe oder bringen wolle, sei zu wenig, kritisierte Saleh. Dabei sei genug Geld da. "Bei durchschnittlichen jährlichen Steuermehreinnahmen des Staates von etwa 163 Milliarden Euro sind die bisher auf Bundesebene diskutierten Entlastungsmaßnahmen im einstelligen Milliardenbereich nicht geeignet, in der Bevölkerung Akzeptanz zu finden."

Saleh sprach von einer "ungewöhnlichen Rhetorik von Mitgliedern der Bundesregierung", die nicht vertrauensbildend sei. "Frau Baerbock warnt von Volksaufständen, Herr Habeck zeichnet Untergangsszenarien, bezeichnet seine Gasumlage zugunsten der Konzerne als bittere Medizin und meint, Preisdruck helfe in der Energiekrise, um Menschen zum Energiesparen zu ermuntern", sagte Saleh. "Ich finde das alles theoretisch und den Menschen gegenüber zynisch und respektlos."

Viele Menschen seien bereit, sich einzuschränken, wenn es gerecht zugehe, meinte Saleh, der auch SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus ist. Gerecht gehe es aber nur zu, wenn die Krisenlasten von Bund, Ländern, Kommunen, Wirtschaft und Bevölkerung solidarisch getragen würden. Das sei momentan nicht der Fall, vielmehr machten Energiekonzerne extreme Krisengewinne. Durch die Gasumlage, die ab Oktober fällig wird, würden sie sogar noch mehr entlastet.

Saleh plädierte einmal mehr für eine Übergewinnsteuer, um solche Krisengewinne bei Unternehmen teilweise abzuschöpfen. Diese politische Logik müsse aber auch für den Staat selbst gelten, denn auch der sei aktuell über höhere Mehrwertsteuereinnahmen wegen steigender Energie- oder Lebensmittelpreise Krisengewinner. "Der Staat muss die Menschen mindestens in der Höhe entlasten, in der er durch Inflation und Preissteigerungen Mehreinnahmen bei den Umsätzen erzielt", forderte Saleh. Die konkrete Methode sei dabei zweitrangig.

Der Staat müsse drohender Massenarmut entschieden entgegentreten. Angesichts der Tatsache, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) selbst mit dem Vorschlag gescheitert seien, auf die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage zu verzichten, müssten sich die Menschen im Land "veräppelt" vorkommen, so Saleh.

"Ich habe große Sorge, dass sich viele hart arbeitende Menschen das Leben nicht mehr leisten könnten", ergänzte er. Er spüre da im Moment eine starke Verunsicherung. "Gerade in Krisenzeiten muss der Staat für diejenigen da sein, die Unterstützung brauchen."

© dpa-infocom, dpa:220818-99-426427/2

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