Kriminalität - Detmold:Axtmörder Kalletal: Zeugin schildert per Video ihre Angst

Bremen
Mikrofone und Kopfhörer auf einem Tisch in einem Gerichtssaal. Foto: Jonas Walzberg/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Detmold (dpa) - In einer über 90-minütigen Aussage per Video hat am Montag eine Zeugin im Mordprozess um den sogenannten Axtmörder von Kalletal ausgesagt. Die 26-jährige Mutter zweier Kinder wurde aus der Ukraine aus einem Gericht bei Kiew ins Landgericht Detmold geschaltet. Mit Hilfe einer Dolmetscherin äußerte sie sich zu der Tat im Juni 2022. Sie habe etwa 30 Zentimeter neben ihrem Partner im Bett gelegen, als ihr Ex-Freund den 39-Jährigen aus Rinteln in Niedersachsen laut Anklage aus Eifersucht mit einem Axthieb in die Schläfe tötete. Von der Tat selbst will die Frau trotz der Nähe nichts mitbekommen haben.

Erst als der Angeklagte sie mit einem Messer bedroht und sie ins Badezimmer zwingen wollte, sei sie wach geworden. Dort soll der 37-jährige Mann aus Aserbaidschan sie mehrfach vergewaltigt haben. Den Mord hatte der Angeklagte zum Prozessbeginn gestanden, die anschließende sexuelle Gewalt bestreitet er. Die Zeugin schilderte ihre Angst. Sie sei davon ausgegangen, dass sie als nächstes getötet werden würde. Sie hatte den Verdacht, ihr Ex-Freund wolle sie in der Badewanne ertränken. Sie habe - auch um ihrer Kinder wegen - um ihr Leben gefleht. Deshalb habe sie sich auch bei der mehrfachen Vergewaltigung nicht gewehrt.

Die Frau und der Angeklagte hatten sich vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als Nachbarn in einen Dorf kennengelernt. Vier Tage nach Kriegsbeginn war der Mann der Zeugin erschossen worden. Er war der Vater ihrer beiden Kinder (3 und 6). Auf der Flucht über Polen nach Deutschland soll der Angeklagte nach Aussage der Zeugin erstmals von früheren Gefängnisstrafen erzählt haben. Dass er vor rund zehn Jahren bereits eine Frau mit einer Axt getötet hatte und dafür im Gefängnis saß, davon hatte die Frau nach eigener Aussage aber nichts gewusst.

Die Beziehung zu dem Mann sei bereits auf dem Weg nach Deutschland zerbrochen gewesen, auch wenn es noch mehrmals Sex gegeben habe. Das spätere Opfer habe das Paar von Polen nach Deutschland als Fluchthelfer gefahren. Nach der Tat im Sommer 2022 war sie zurück in die Ukraine geflüchtet. "Mir geht es heute gut", sagt die Frau auf Nachfrage des Oberstaatsanwaltes. Sie habe wieder geheiratet. Als die Videotechnik kurz auf den Angeklagten und seinen Verteidiger schwenkt, fängt sie an zu schluchzen und muss eine Pause einlegen. Wegen ihrer großen Angst vor dem Angeklagten, wollte sie nicht in Deutschland aussagen. Die Staatsanwaltschaft Detmold organisierte daraufhin eine Befragung im Beisein einer Richterin in der Ukraine.

Bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt hatte der Fall, weil der Angeklagte nach der Tat mit der Frau und deren Kindern in eine Polizeikontrolle geraten war. Dabei konnte er zu Fuß flüchten. Über Wochen hatte er sich daraufhin in Richtung Polen bewegt, während nach ihm auch per Foto gefahndet wurde. Die Polizei hatte Auto- und Kraftfahrer in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg mit Handzetteln vor dem gewaltbereiten Mann gewarnt. Kurz vor der Grenze zu Polen hatten Spezialkräfte ihn dann gefasst.

Ein Urteil will das Landgericht Detmold am 17. Februar verkünden.

© dpa-infocom, dpa:230206-99-495051/6

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