Klima - Berlin:Bündnis glaubt an Erfolg des Klima-Volksentscheids

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Berlin (dpa/bb) - Rund fünf Wochen vor dem Volksentscheid für ehrgeizigere Klimaziele in Berlin am 26. März sind die Initiatoren in die heiße Phase des Wahlkampfs gestartet. "Wir sind zu zuversichtlich, dass wir das Quorum von 25 Prozent Zustimmung erreichen können", sagte die Sprecherin des Bündnisses Klimaneustart, Michaela Zimmermann, am Dienstag vor Journalisten.

Viele Menschen wollten mehr Klimaschutz, sagte sie. Die möglichen Maßnahmen und die nötige Technik, um eine Klimaneutralität Berlins bereits in sieben Jahren zu erreichen, seien vorhanden. "Was fehlt, ist der politische Wille", so Zimmermann.

Keine der Parteien im Abgeordnetenhaus bekenne sich zu dem Ziel. Daher sei es wichtig, dies per Volksentscheid anzugehen. Die Initiative wolle nun in den Kiezen breit mobilisieren. "Wir wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen, über ihre Bedenken, aber auch Zukunftsvisionen", so Zimmermann.

Konkret will das Bündnis in dem Volksentscheid erreichen, dass Berlin bis 2030 und nicht wie bislang vorgesehen bis 2045 klimaneutral wird. Dafür soll das Energiewendegesetz des Landes geändert werden. Um das zu schaffen, muss am 26. März eine Mehrheit der Wähler dafür stimmen, mindestens aber 25 Prozent der Wahlberechtigten. Nötig sind also rund 613.000 Ja-Stimmen.

Laut Bundesregierung bedeutet Klimaneutralität, dass zwischen Treibhausgas-Emissionen und deren Abbau ein Gleichgewicht herrscht. So sollen einerseits kein oder kaum noch klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) und andere Treibhausgase ausgestoßen werden, etwa durch Verbrennerautos, Flugzeuge, Heizungen, Kraftwerke oder Industriebetriebe. Andererseits sollen unvermeidbare Emissionen zusätzlich verstärkt in natürlichen Senken gebunden werden. Mehrere Vertreter und Unterstützer des Bündnisses erklärten am Dienstag, dass dieses Ziel bis 2030 umsetzbar sei.

Nach Einschätzung von Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, ist dazu unter anderem der starke Ausbau der Solar- und der Windenergie sowie kleinerer erneuerbarer Energien wie Geothermie nötig. Da Flächen in der Stadt begrenzt seien, funktioniere der Ausbau der Windenergie nur in enger Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg. Neben der Rückführung der Emissionen aus der Energieerzeugung auf Null sei eine deutliche Forcierung der E-Mobilität erforderlich.

Als weitere nötige Maßnahmen nannten Vertreter und Unterstützer des Bündnisses mehr Wärmedämmung an Gebäuden, viele autofreie Kieze und mehr Radwege. Zudem müsse der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in hohem Tempo ausgebaut werden. Über die Umsetzung all dieser Maßnahmen sollte nach dem Willen des Bündnisses nach einem erfolgreichen Volksentscheid ein breiter gesellschaftlicher Dialog starten.

Aus Sicht der Initiatoren des Volksentscheids, einem Bündnis von rund 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen, ist eine schnellere Klimaneutralität Berlins unabdingbar, um eine zukunftsfähige, lebenswerte und bezahlbare Stadt zu schaffen. Mehr als 100 andere Städte in Europa hätten sich diesem Ziel bereits verpflichtet. Darunter seien Hauptstädte wie Paris, Warschau, Stockholm, Helsinki und Rom, aber auch deutsche Städte wie Leipzig, Mannheim oder Aachen. Berlin müsse hier ebenfalls mehr Verantwortung für den Klimaschutz übernehmen, so Zimmermann.

Der Senat hält ein Erreichen des 2030-Klimaziels für unrealistisch und empfiehlt in seiner offiziellen Stellungnahme, beim Volksentscheid gegen das Anliegen zu stimmen. Er verweist darauf, dass der Bund Klimaneutralität 2045 anstrebt, die EU 2050. "Von deren Zielen kann sich Berlin nicht so weit entkoppeln, dass es im Alleingang 15 oder 20 Jahre früher klimaneutral wird."

Entscheidende rechtliche, wirtschaftliche und technologische Rahmenbedingungen würden auf Bundes- und EU-Ebene gesetzt, heißt es in der Senatsstellungnahme weiter. Der Zeitpunkt der Klimaneutralität Berlins hänge maßgeblich vom Ausbau erneuerbarer Energien bundesweit ab. Im Wahlkampf für die Wiederholungswahl hatte allerdings Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) erklärt, dass sie am 26. März mit Ja stimmen werde.

Der Volksentscheid war zustande gekommen, weil die Initiative im Zuge eines Volksbegehrens innerhalb von vier Monaten Unterschriften von mehr als sieben Prozent der Wahlberechtigten sammelte. Sie reichte Mitte November 2022 rund 262.000 Unterstützerunterschriften ein, von denen die Behörden am Ende 180.547 als gültig einstuften. Das Quorum von mindestens 170.437 wurde damit übertroffen.

© dpa-infocom, dpa:230221-99-679007/3

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