ADFC:Für die Radler wird Starnberg zum "Verkehrsmuseum Deutschlands"

Lesezeit: 2 min

Immer haben Autos Vorrang: Der Fahrradclub kritisiert unzureichende Planungen im ganzen Landkreis und will künftig mehr Einfluss auf die Politik nehmen.

Von Peter Haacke, Gilching

Die Lobby der Radfahrer im Landkreis Starnberg wird immer stärker: Der 546 Mitglieder zählende Kreisverband des 2011 gegründeten Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) will künftig erheblich mehr Einfluss nehmen auf verkehrspolitische Entscheidungen von Landkreis und Kommunen. Dies betonte am Mittwoch in Geisenbrunn der frisch im Amt bestätigte ADFC-Vorstand, der turnusgemäß alle zwei Jahre neu gewählt wird.

Die Mängelliste aus Sicht der Radfahrer ist lang, dementsprechend viele Forderungen stellt der ADFC, der sich auch für 2019 wieder allerhand vorgenommen hat. Vorsitzender Anton Maier jedenfalls, der im Gemeinderat Feldafing sowie im Kreistag ein Mandat für die Grünen hat, will die Verhältnisse für Radfahrer weiter verbessern. Er begrüßte die 24 stimmberechtigten Mitglieder zwar mit den Worten: "Ich muss euch leider langweilen, es gibt keine politische Rede." Dennoch ist absehbar, dass der ADFC sich den Belangen der Radfahrer auch in politischer Hinsicht widmen will. Sichtbares Zeichen dafür ist die Erweiterung des bislang vierköpfigen Vorstands mit Maier, Wolfgang Frieß, Sepp Holzner und Sebastian Fuchsberger um Hans-Georg Martin, der die AG Radverkehr leitet. Die Arbeitsgruppe befasst sich mit verkehrsrechtlichen Angelegenheiten, der Kreisverband will laut Maier "den politischen Teil der Verbandsarbeit im Vorstand mit einem eigenen Sitz verankern".

Martin sieht im Landkreis "mehr Fragezeichen als Lichtblicke". Er strebt unter anderem im Internet eine Mängel-Melde-Plattform an, wo insbesondere Alltags-Radfahrer ihrem Kummer über fehlende Wege und Beschilderungen, rücksichtslose Autofahrer und unzureichende Planungen Luft machen können. Starnberg, betonte Maier, verwandle sich derzeit zum "Verkehrsmuseum Deutschlands", wo Autos stets Vorrang eingeräumt werde.

Trotz einiger kleiner Erfolge und diversen gelungenen Aktionen im Vorjahr gibt es für die Radfahrer-Vereinigung in den verschiedenen Kommunen offenbar noch viel zu tun. Dies verdeutlichten die Berichte der Ortsgruppen-Sprecher. In Gilching etwa seien Verkehrszeichen mitten auf dem Radweg platziert worden, vor Geschäftsgebäuden fehlten rot markierte Flächen sowie Beschilderungen für alternative Radrouten, obwohl dies schon 2012 vom Gemeinderat beschlossen worden sei. Ortsgruppensprecher Kilian Häuser vermutet in diesem Zusammenhang auch Desinteresse der Mitarbeiter in der Rathausverwaltung. Das Schlimmste aber für die Radfahrer sei mit dem Bürgerbegehren zur Gilchinger Umfahrung abgewehrt worden.

Im Vorjahr erst gründete sich der ADFC-Ortsverband in Tutzing, wo der Umbau der Hauptstraße ansteht. Zwar gebe es im Gemeinderat auch durch die Zunahme von Pedelecs im Straßenverkehr eine Bewusstseinsänderung für Belange der Radfahrer, sagte Martin Held, doch derzeit "laufen zu viele Themen gleichzeitig". Gerhard Hippmann von der Mobilitätswende Weßling berichtete von diversen Veranstaltungen und einem Teilnahmerekord beim Stadtradeln. Doch "die Verwaltung und der Bürgermeister bremsen, wo es geht", sagte er - auch mit Hilfe von Landratsamt, Staatlichem Bauamt oder Polizei. Fahrradstreifen seien bis heute nicht realisiert, die Abstellanlage am Bahnhof sei hoffnungslos veraltet. Einen Beitrag aus Starnberg gab es nicht. Kritisiert wurden jedoch die neue, wenig fahrradfreundliche Westumfahrung, die für Radler unzureichenden Planungen in der Petersbrunner Straße sowie der Bau des B2-Tunnels.

"Wir müssen unser Fachwissen in die Verwaltungen bringen", sagte Maier, "und wir müssen noch viel anschieben". Wichtige Themen seien etwa Info-Stände, Aktionen, Forderungen nach Tempo 30, das Stadtradeln oder Kampagnen für Sicherheit. Auftakt ist am 7. April eine Sternfahrt nach München. Das Wichtigste aber sei das Radeln selbst: Das Tourenprogramm 2019 listet sämtliche Ausfahrten und Ansprechpartner des ADFC Starnberg auf. Weitere Informationen finden sich online unter der Adresse www.adfc-starnberg.de.

© SZ vom 22.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: