Kommentar:Eine Niederlage als Lob für die Liga

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Einmal traf Erling Haaland gegen Manuel Neuer. (Foto: MARTIN MEISSNER/AFP)

Siege gegen den FC Bayern sind gerade die größte Herausforderung im Weltfußball. Umso besser ist es für die Bundesliga, dass Borussia Dortmund den Münchnern 90 Minuten nahekommt.

Kommentar von Sebastian Fischer

Roman Bürki dürfte es kaum trösten, dass er diesmal nicht verantwortlich war, aber für die Bundesliga ist das eine gute Nachricht. Im Mai entschied es das Duell zwischen Dortmund und Bayern, dass der BVB-Torwart zu weit vor seinem Tor stand und von Joshua Kimmich überlupft wurde. Danach war die Partie praktisch vorbei. Doch das 3:2 des Meisters gegen seinen Verfolger war weit entfernt von einer Kopie des einseitigen 1:0 in der Vorsaison.

Beim Rechteinhaber Sky hatten sie sich alle Mühe gegeben, das Wiedersehen im leeren Westfalenstadion vor Anpfiff als eine Art Blockbuster zu präsentieren, "Gigantentreffen" nannten sie es. Die Chefs der beiden Giganten hatten sich reservierter geäußert, Karl-Heinz Rummenigge und Hans-Joachim Watzke sprachen über einen drohenden Verlust der Fußballkultur in Pandemiezeiten, über das sinkende Interesse der Zuschauer. Eine Saison, in der der FC Bayern wie in den vergangenen acht Spielzeiten nahezu ungefährdet den Titel gewinnt, dürfte diesen Prozess eher befeuern als bremsen.

Der BVB war mindestens einem Unentschieden näher als im Mai

Ob die Titelfrage diesmal länger spannend bleibt, kann nach dem siebten Spieltag natürlich nicht abschließend beantwortet werden. Am Samstag war der BVB zumindest schon einmal einem Unentschieden weit näher als im Mai. Damals fehlten Ideen und Mittel, die Münchner ernsthaft zu gefährden. Diesmal hatten die Dortmunder am Ende sogar die Chance zum 3:3, die Marco Reus jedoch in den Nachthimmel schoss. Das Kräftemessen bot Spannung auf höchstem Niveau. Im Mai hatte der BVB noch kollektiv Selbstkritik üben müssen, dass er nicht auf Augenhöhe hatte mithalten können. Inzwischen weiß man, dass Siege gegen den Champions-League-Gewinner aus München gerade die größte Herausforderung im Weltfußball bedeuten.

Dokumentiert schon in der Offensive: Gegen Robert Lewandowski und die rasenden Flügelangreifer an seinen Seiten ist Verteidigen eine fast unlösbare Probe. Es sind nur wenige Stellen, an denen die Münchner verwundbar erscheinen. Ihr Verteidigen wirkt mutig bis übermütig, ihre Saisonvorbereitung war kurz, was Folgen für die Fitness hatte, nun addiert sich die Knieverletzung von Joshua Kimmich hinzu. Doch Breite und Substanz des Kaders gleichen dies wohl aus. Und deshalb droht ein erneutes Solo der Münchner wie in allen Spielzeiten seit der Saison 2011/12, als im BVB letztmals ein anderer als der FC Bayern den Titel gewann. Gerade deshalb aber hat das Topspiel vom Samstag seinen besonderen Wert: Das Gebotene spricht auch für den BVB - und sogar für die gesamte Liga.

Damit war nicht zu rechnen. Vielversprechende Darsteller hatten die Liga im Sommer verlassen, Leverkusen und Leipzig verloren in Kai Havertz und Timo Werner ihre herausragenden Kräfte an den FC Chelsea, selbst die Münchner mussten in Thiago einen Profi mit Strahlkraft zum FC Liverpool ziehen lassen. Im Augenblick aber führt nicht nur der FC Bayern in der Champions League seine Vorrundengruppe an, Leipzig steht vor Paris Saint-Germain, Mönchengladbach vor Real Madrid und Inter Mailand.

Die Sorgen, die in der Liga grassieren, sind berechtigt, niemand weiß, ob und wann das Publikum wieder ins Stadion kommt. Qualität und Spannung, die das Topspiel bot, aber machen es ein wenig wahrscheinlicher, dass die Lust auf Fußball doch noch mal zurückkehren könnte.

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