Viktor Orbán:Aufregen und ablenken

Orbán lenkt die Wut der ihm verhassten liberalen Öffentlichkeit weg von wichtigen Machtfragen.

Von Cathrin Kahlweit

Viktor Orbán wird mit seinen Plänen zu Änderungen in der Verfassung, die auf Familien, die LGBTQ-Community und Genderfragen zielen, viel Aufregung verursachen. Teils geht es um sprachliche Anpassungen, die verschärfen, was auch jetzt schon drinsteht: Der traditionelle Familienbegriff wird staatlich geschützt, Homosexuelle sollten besser keine Kinder haben, der ganze moderne Genderquatsch ist des Teufels. So kann man die Reformpläne lesen; aber das ist nicht neu. Neu ist das Adoptionsverbot für homosexuelle Paare, es passt ins erzkonservative Bild.

Orbán ist ein geschickter Politiker. Er lenkt die Wut der liberalen Öffentlichkeit weg von Machtfragen, die ihm wichtig sind. Das tut er auch mit einer Konzession an die EU, die seine Regierung nun beim Ausnahmezustand machen will: Das Parlament soll mehr Rechte bekommen. Aber die Regierungspartei Fidesz mit ihrer Zweidrittelmehrheit macht sowieso, was Orbán will.

Anderes ist potenziell gefährlicher. Eine Verfassungsänderung könnte Ermittlungen zur Veruntreuung staatlicher Gelder erschweren, was im korrupten Ungarn den Mächtigen nutzt. Eine erneute Wahlrechtsreform nützt vor allem Fidesz. Und: All das lenkt ab von Orbáns Streit mit Brüssel um das Rechtsstaatsprinzip, in dem er am Ende den Kürzeren ziehen könnte.

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