Österreich:Ermittlungen in der Causa Ischgl eingestellt

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Ischgl im Paznauntal galt schon als Hotspot, als das Wort "Hotspot" noch eine andere Bedeutung hatte - als Après-Ski-Hotspot nämlich. Im März 2020 wurde das gesamte Tal unter chaotischen Umständen unter Quarantäne gestellt, als dort das Coronavirus ausgebrochen war. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Der österreichische Ski-Ort war einer der ersten Corona-Hotspots überhaupt, von dort breitete sich das Virus massiv aus. Doch die Staatsanwalt hat keine Beweise für "schuldhaftes Verhalten" gefunden. Zivilrechtlich ist die Sache aber noch nicht beendet.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Im März 2020 waren es vor allem die Ereignisse im Tiroler Ski-Ort Ischgl gewesen, welche die Corona-Pandemie in ganz Europa zu einem unbestreitbaren und nicht mehr zu ignorierenden Faktum machten: Ischgl im Paznauntal war einer der ersten Hotspots gewesen, an dem sich, vermutlich ausgehend von den ersten Infizierten in der Kneipe Kitzloch, Covid-19 rasant ausbreitete. Anfangs hatten die Behörden die Ansteckungsgefahr in den Après-Ski-Lokalen und Hotels kleingeredet, dann zu spät den Skibetrieb heruntergefahren und den Ort wie das gesamte Tal schließlich panisch und chaotisch evakuieren lassen. Die Folge: Tausende reisten in aller Hektik ab, hatten sich schon angesteckt oder steckten sich in Bussen und Bahnen an - und trugen das Virus in die Welt.

Nun hat die Innsbrucker Staatsanwaltschaft nach anderthalbjähriger Prüfung alle strafrechtlichen Ermittlungen in der Causa Ischgl eingestellt. Seit dem Frühsommer 2020 hatten Ermittler Vorwürfe gegen fünf Beschuldigte geprüft, darunter den Bürgermeister, den Bezirkshauptmann und den höchsten Landesbeamten in Tirol. Man habe, wurde am Mittwoch schlussendlich mitgeteilt, "keine Beweise dafür gefunden, dass jemand schuldhaft etwas getan oder unterlassen hätte, das zu einer Erhöhung der Ansteckungsgefahr geführt" habe.

In der Kneipe "Kitzloch" feierten infizierte Gäste, dort nahm der Ausbruch vermutlich seinen Anfang. (Foto: Jan Hetfleisch/Getty Images)

Nachdem zuerst eine Tiroler Expertenkommission und dann die Staatsanwaltschaft zu diesem Schluss gekommen war, hatten zuletzt auch die Oberstaatsanwaltschaft und das Justizministerium die Einstellung der Ermittlungen überprüft und letztlich offenbar für richtig befunden. Anzeichen für eine Vertuschung der Gefahr hätten sich nicht gefunden, heißt es in dem Einstellungsbescheid, und der Glaube an eine geringe Infektiosität des Virus habe dem "damaligen Kenntnisstand" entsprochen.

Noch immer laufen indes eine Reihe zivilrechtlicher Verfahren wegen Amtshaftung. Verbraucherschützer und die Hinterbliebenen von Covid-Opfern, die sich in Ischgl angesteckt hatten, haben die Republik Österreich verklagt.

Bei der Tiroler Landesregierung zeigte man sich "froh", dass alle Vorwürfe aufgeklärt worden seien. Froh dürfte man aber vor allem darüber sein, dass zum unbestreitbaren politischen Versagen kein Strafverfahren hinzugekommen war. Auf dem Höhepunkt der Debatte über die Versäumnisse der Verantwortlichen hatte etwa der Tiroler Landesrat für Gesundheit in einem ORF-Interview mehrmals betont, man habe "alles richtig gemacht". Das würde so wohl in Ischgl heute niemnd mehr behaupten. Im Laufe der Ermittlungen waren auch Vorwürfe gegen den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz laut geworden, der auf einer Pressekonferenz in Wien vorzeitig die Schließung von Hotels und Liften im Paznauntal angekündigt hatte - was zu der schlecht organisierten Abreise Tausender Gäste beigetragen haben dürfte.

Saisonstart am 3. Dezember

Seit vergangenem Montag gilt in Österreich ein Lockdown wegen der hohen Infektionszahlen. Nicht betroffen sind davon Skitouristen; Lifte dürfen unter Einhaltung von 2-G-Regeln, Gondeln zusätzlich mit Masken genutzt werden. Hotels und Restaurants sind aber zu. Ischgl hatte am 25. November in die Saison starten wollen. Nun soll es am 3. Dezember losgehen. Den Winter in Ischgl genießen können aber vorerst aufgrund fehlender Übernachtungsmöglichkeiten, wie überall im Land, nur Einheimische.

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